Unsere Analyse zur Online Recruiting Praxis 2015 für mittelständische Unternehmen zeigt einige interessante Ergebnisse, die wir in diesem Blog und vollständig unter https://recruiting-check.de/orep15 veröffentlicht haben. Abgesehen von reinen Zahlen und abgeleiteten Tipps sind wir bei der Analyse der Arbeitgeberdarstellungen auf verschiedene Beispiele gestoßen, die exemplarisch veranschaulichen, wo in Sachen Online Recruiting der Schuh drückt.
Wir haben doch eine Karriereseite! Aber wo ist sie hin?
Es hat sich inzwischen herumgesprochen. Für Bewerbungsinteressierte ist die Karriereseite eines Unternehmens eine wenn nicht sogar die wichtigste Informationsquelle. Und in der Tat haben praktisch alle betrachteten Mittelständler eine Karriereseite, die von der Startseite des Webangebots i.d.R. auch gut zu finden ist.
Als wir die Mobile-Fähigkeiten der Karriereseite checken wollten, erlebten wir aber bei einem Online-Shop eine Überraschung. Der ohnehin bereits in den Footer- Bereich der Seite verbannte Link zur Karriereseite war in der Mobile-Version der Seite abhanden gekommen. Smartphone nutzende Bewerber werden so nicht auf die Karriereseite gelangen. Wie Studien zeigen, informiert sich eine große und zunehmende Zahl von Bewerbern zu möglichen Arbeitgebern nicht nur online, sondern speziell via Smartphone und Tablet. Eine versteckte oder wie in diesem Fall sogar ausgeblendete Verlinkung ist in dieser Situation fast schon tragisch.
In Stein gemeißelt? Stellenanzeigen im Web
Zum Thema onlinefähige Stellenanzeigen wurde bereits viel geschrieben. Und es gibt natürlich auch bereits vorbildliche, auf die Bedienung und das Lesen im Web ausgerichtete Stellenanzeigen. Aber es scheint, dass bei vielen Unternehmen noch nach der Losung verfahren wird:
Was für die Zeitung jahrzehntelang gut war, passt doch auch im Internet!
Das scheint in Stein gemeißelt zu sein, wie auch die Verwendung von Serifen-Schriften. (Deren Ursprung geht historisch ja auch auf das Schriftzeichen in Steinplatten meißeln zurück.)
Unsere Stellenanzeigen-Momentaufnahme zeigt eine Online-Stellenanzeige, die im Stellenteil einer Zeitung sehr gut passen würde.
Die kleine Serifenschrift in Verbindung mit dem geringem Zeilenabstand vermindert die Lesbarkeit im Web aber leider deutlich, und das gilt nicht nur für mobile Endgeräte mit kleineren Bildschirmen.
Die Stellenbörse läuft übrigens vollständig per Flashplayer. Damit sind je nach eingesetztem Endgerät, Browser und den vom Benutzer getroffenenen Einstellungen Einschränkungen verbunden. Dies kann bis zur vollständigen Nichterreichbarkeit führen, wenn der Nutzer sich gegen den Einsatz von Flashplayer entschieden hat.
Das two-in-one Konzept übertragen auf kununu
Die mit Abstand umfangreichsten Bewertungen zu den von uns betrachteten Arbeitgebern sind aktuell auf Kununu zu finden. Leider werden dort komplexe Unternehmensstrukturen in einigen Fällen nur bedingt brauchbar abgebildet. So gibt es zu ein und demselben Arbeitgeber gerne schon mal ein halbes Dutzend Treffer mit jeweiligen Bewertungen. Dann kann es sein, dass die “NureinBeispiel GmbH” und die “NureinBeispiel Gruppe” sowie die “NureinBeispiel” sehr unterschiedlich mit unterschiedlicher Anzahl von Bewertungen und verschiedenen Durchschnittsbewertungen wahrgenommen werden.
Unsere Momentaufnahme stellt sich genau anders herum dar:
Das von uns verkürzt dargestellte Profil der … Technik GmbH wirkt auf den ersten Blick stimmig. Das Unternehmen gehört sogar zum exklusiven Kreis der TOP COMPANY-Siegel-Träger (lt. kununu 6% der Unternehmensprofile). Stutzig machte uns die in den Bewertungen angegebene Rechtsform und der jeweils zwar ähnliche, aber letztlich andere Unternehmensname. Die Recherche im Internet ergab, dass die beiden Unternehmen offensichtlich nichts miteinander gemein haben (unterschiedliche Standorte, vollkommen andere Geschäftsinhalte, keine ersichtlichen Verflechtungen,…).
Also eine “Two-in-One”-Lösung – 2 Unternehmen ergeben ein Profil und eine TOP COMPANY. Ergebnis: maximale Verwirrung beim Betrachter. In dieser Momentaufnahme treffen Bewertungen schlichtweg das falsche Unternehmen.
Was bin ich – das heitere Firmenraten auf XING
Auch auf XING führt die Eintragung von Unternehmensnamen zu interessanten Varianten. Die Mitglieder-Einträge mit den jeweils genutzten Unternehmensnamen und die Unternehmensprofile passen in vielen Fällen nicht zusammen. So kommen in einigen Fällen mehrere Unternehmensprofile auf ein Unternehmen. Die Mitarbeiter werden je nach Schreibart beim einen oder beim anderen Unternehmensprofil angezeigt. Meist ist aber nur maximal eins der Profile entsprechend gepflegt.
Eine dazu passende Momentaufnahme zeigt ein von uns analysiertes Unternehmen:
Oben das offizielle Profil mit 55 Mitarbeitern, unten ein weiteres Profil mit nur 10 zugewiesenen Mitarbeitern. Im Unternehmensnamen fehlt die Rechtsform “GmbH”, ansonsten ein und das gleiche Unternehmen. Die Momentaufnahme ist besonders hervorzuheben, weil unter den 10 “Abweichlern” ausgerechnet der Leiter des Marketing und der Produktionsleiter neben weiteren Vertriebsmitarbeitern zu finden ist.
Bermerkenswert ist auch ein Fall, in dem der Geschäftsführer allein seinem Unternehmensprofil zugeordnet ist, während alle anderen Mitarbeiter in einem anderen Profil gelistet sind. Die Ursache: in der “GmbH & Co. KG” des Geschäftsführers fehlt der Punkt hinter “Co”.
Ein wirklich brauchbares Bild nach außen geben solche Profilkonstellationen auf XING nicht, weder in Richtung potenzieller Bewerber noch in Richtung von Kunden.
LinkedIn: Die Tücken der Automatik
Es ist schon erstaunlich, wieviele Unternehmen auf LinkedIn zu finden sind. Als Momentaufnahme zeigen wir ausnahmsweise keines der analysierten Unternehmen, sondern das “zufällig” entdeckte Profil unserer eigenen Firma:
Ja, es ist nachvollziehbar, “Bausteine” im Claim lassen auf Konsumgüter schließen, Baustoffhandel wäre noch treffender für unsere Recruiting-Beratung gewesen. Aber das Interessante ist der Passus rechts unten: “Diese LinkedIn Unternehmensseite wurde automatisch von LinkedIn erstellt. Diese Seite wird derzeit vom Unternehmen weder verwaltet, empfohlen noch ist sie mit dem Unternehmen assoziiert.” Wer also Irritationen bei potenziellen Bewerbern im internationalen Karrierenetzwerk vermeiden will, muss auch hier aktiv werden und das “Autoprofil” übernehmen.
Ups, die Karriereseite ist weg – ein Tab auf Facebook
62 % der zur Online Recruiting Praxis 2015 betrachteten mittelständischen Unternehmen haben ein Facebook-Profil. Um interessante Kandidaten anzusprechen, werden die Facebookprofile idealerweise mit Informationen für Bewerber aufgewertet. Die Möglichkeiten dazu sind aber begrenzt. Häufig werden spezielle Tabs eingebunden. Wie das geht, ist hier gut beschrieben. (WICHTIGE Ergänzung: In ihrem Kommentar vom 12.05.15 weist Frau Schwindt darauf hin, dass von der Verwendung gesonderter Tabs eher abzuraten ist, da sie mobil nicht sichtbar sind und via Desktop kaum besucht werden.)
Allerdings ist der Verweis auf externe Seiten nicht ohne Risiken, wie das eigentlich schöne Facebook-Profil eines der betrachteten Unternehmen zeigt. Die eingebundene Karriereseite läuft auf die ebenfalls nett gestaltete Fehlerseite mit dem Hinweis “Ups – diese Seite existiert nicht”.
Möglicherweise ist die Seite sogar intern erreichbar, so dass der Fehler den Redakteuren der Facebookseite nicht einmal auffällt. Auf Bewerber machen solche fehlerhaften Tabs in Facebook aber einen schlechten Eindruck.
Entwicklung der Online Recruiting Praxis
Die Momentaufnahmen zeigen ein paar wenige Beispiele, was im Online Recruiting so schief läuft. Die Ursachen liegen gerade auch in der Dynamik und der Vielfalt des Internets. Webseiten, die vor 5 Jahren noch State of the Art waren, können heute nicht mehr überzeugen. Oft wird aber nicht alles neu aufgesetzt. Vielmehr wird repariert: Mobile Sichten werden hinzugefügt, Seitenstrukturen verändert, neue Profile in aktuell angesagten Netzwerken angelegt, … .
Das ist dann nur noch schwer zu überblicken. Die Kontrolle, ob die Inhalte ansprechend sind und auch alles aus Bewerbersicht funktioniert, ist zeitaufwändig und mühsam. Hinzu kommen unterschiedliche Bereiche wie Marketing, IT, Vertrieb, Personal, etc., die alle auch mit dem Onlineauftritt zu tun haben.
Schließlich hat die Online-Präsentation von Unternehmen verschiedene Ziele und Zielgruppen. Da verwundert es nicht, dass die Unternehmens- und Produktdarstellung oftmals dominiert, während die Arbeitgeberdarstellung in vielen Profilen auf der Strecke bleibt.
Von unserer Warte ist dieses sehr dynamische Online-Gebilde nicht nur mit Regelungen und organisatorischen Zuordnungen zu beherrschen. Es braucht viel Kommunikation und Abstimmung zwischen den beteiligten Bereichen und regelmäßige, strukturierte Checks der Online-Unternehmensauftritte.
ACHTUNG WERBUNG IN EIGENER SACHE: Für das Recruiting haben wir deshalb mit unserem Recruiting Check ein Instrument entwickelt, das strukturiert und differenziert bereits in der smart-Variante den Online-Arbeitgeberauftritt analysiert und konkrete Verbesserungsvorschläge liefert.
Wie erleben Sie die aktuelle Online Recruiting Praxis? Wie halten Sie es mit dem Check Ihres Online-Recruitings? Welche Faux-Pas’ haben Sie in Ihren Online-Arbeitgeberauftritten schon bemerkt?
Weitere Links:
- Tipps für Online-Stellenanzeigenschaltung
- Mit relevanten Infos raus aus dem Einheitsbrei bei Stellenanzeigen
* Auch wenn wir zu Gunsten der Lesbarkeit auf die gleichzeitige Nutzung aller Genderformen verzichten, meinen wir immer alle Geschlechter.