Was Talente von ihrem zukünftigen Arbeitgeber erwarten

Was sich Talente von Arbeitgebern wünschenAusschnitt: Bildrechte: Organomics GmbH, Köln

Die deutschen Automobilbauer haben im Kampf um die besten Talente auch in 2022 die Nase vorn. Allen voran Audi, BMW und Porsche. Unter Schülern, Studenten und jüngeren Berufstätigen kommen sie als “Wunscharbeitgeber” am häufigsten in die engere Wahl. Auf dem umkämpften Personalmarkt können aber auch andere deutsche Traditionsunternehmen punkten, wie etwa Lufthansa, Siemens oder Deutsche Bahn. Auch die großen US-amerikanischen Konzerne wie Microsoft, Tesla oder Amazon haben hierzulande gute Karten.

Neben genereller Bekanntheit und insbesondere der Beliebtheit als Arbeitgeber bleibt für die Unternehmen am Ende aber entscheidend, die konkreten Erwartungen und Wünsche der Talente an ihren zukünftigen Arbeitgeber zu kennen und zu erfüllen. Viele Bewerber orientieren sich bei ihrer Arbeitgebersuche nicht nur an Markennamen. Zudem gilt es, unterschiedliche Zielgruppen sorgfältig zu differenzieren und medial passend anzusprechen. Das Prinzip “Gießkanne” reicht im professionellen Personalmarketing nicht aus.

Dies sind Ergebnisse der Studie “Arbeitgeberattraktivität 2022 – Anforderungen der Talente an potenzielle Arbeitgeber” des Forschungs- und Beratungsinstituts Organomics aus Köln. Rund 4.750 Schüler, Studenten und Berufstätige zwischen 16 und 45 Jahren wurden repräsentativ zu ihren Erwartungen an zukünftige Arbeitgeber, zu ihren beruflichen Präferenzen und zur Arbeitgeberattraktivität von 130 Unternehmen aller Kernbranchen befragt. Differenziert wurden dabei nach fünf verschiedene Hauptzielgruppen sowie zahlreichen Subgruppen: 1. Schüler ab 16 Jahre (Realschüler + Abiturienten), 2. Studenten (mit Differenzierung nach Fachrichtungen), 3. Berufstätige (mit Studium max. 5 Jahre Berufserfahrung), 4. Berufstätige (mit Studium und mehr als 5 Jahre Berufserfahrung) und 5. Berufstätige mit Lehre/Ausbildung (ohne Studium). Berufstätige jeweils bis 45 Jahre.

Erwartungen der Talente an ideale Arbeitgeber

Betrachtet man die zentralen Erwartungen der Bewerber an einen idealen Arbeitgeber, so sind es vor allem drei Faktoren, die Unternehmen als Arbeitgeber besonders attraktiv machen (rund drei Viertel der Bewerbern sind diese besonders wichtig): 1. Gehalt und weitere finanzielle Benefits (77%), 2. Work-Life-Balance (73%) und 3. Arbeitsplatzsicherheit (72%). Zugleich ist zu beachten: Verschiedene Zielgruppen haben unterschiedliche Präferenz-Schwerpunkte: Junge Bewerber stellen die Karriereentwicklung beispielsweise oft auf eine Stufe mit Work-Life-Balance oder Arbeitsplatzsicherheit. Vergleichsweise weniger bedeutsam sind für die Talente das allgemeine Unternehmensimage (38%) oder die Internationalität (26%) von Unternehmen.

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Deutschlands bekannteste und beliebteste Arbeitgebermarken

Die aktuellen Top 10 der bekanntesten Arbeitgebermarken unter den Befragten sind: Audi (Platz 1), BMW (2), AOK (3), Deutsche Bank (4), Allianz (5), Porsche (6), Commerzbank (7), S-Finanzgruppe/Sparkasse (8), Postbank (9) und Lufthansa (10). Insgesamt wurden hier 130 Arbeitgebermarken aus allen Kernbranchen untersucht.

Zu den Top 10 der beliebtesten Arbeitgebermarken in Deutschland zählen aktuell: Audi (Platz 1), BMW (2), Porsche (3), Daimler/Mercedes-Benz (4), Lufthansa (5), Microsoft (6), Siemens (7), AOK (8), Volkswagen (9) und die Bundeswehr (10). Sie kommen als mögliche zukünftige Arbeitgeber bei Bewerbern am häufigsten in die engere Wahl.

Im Vergleich zeigt sich: Eine hohe Bekanntheit als Arbeitgeber garantiert noch keine hohe Beliebtheit. Im Wettbewerb um die besten Talente bekommen das beispielsweise auch die Banken und Versicherer zu spüren. Sie weisen zwar oft recht hohe Bekanntheitswerte auf, und erfüllen auch oft grundlegende Erwartungen, sind aber nur selten “Wunscharbeitgeber”.

“Funktionale Stärken stellen eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung dar, um als Arbeitgeber in die engere Wahl zu kommen oder sogar Wunscharbeitgeber zu werden”, sagt Dr. Thomas Bittner, Geschäftsführer der Organomics GmbH in Köln. “Daher gilt es, neue Talente stärker auch auf inhaltlicher und emotionaler Ebene zu erreichen. Dabei geht es nicht um Gefühlsduselei, sondern darum, den potenziellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein ansprechendes, wertegeleitetes und stabiles Beziehungsangebot zu machen.”

Große Unterschiede in den Erwartungen und Präferenzen verschiedener Zielgruppen

Zugleich ist zu beachten: Unterschiedliche Zielgruppen haben deutlich verschiedene Vorlieben. Unter Jura-Studenten sind beispielsweise nicht große “Publikumsmarken”, sondern das Bundeskriminalamt und die Bundespolizei besonders beliebte Arbeitgeber. Bei den Studenten der Naturwissenschaften liegen Biontech, Fraunhofer-Gesellschaft und Pfizer ganz oben. Bei Berufstätigen mit ingenieurswissenschaftlichem Studium und bis zu 5 Jahren Berufserfahrung liegen Tesla, Audi und Bosch im Beliebtheitsranking ganz vorn. Auch die Erwartungen unterschiedlicher Bewerbergruppen an ihren zukünftigen Arbeitgeber unterscheiden sich teils deutlich. Und für manche Bewerber spielen besonders namhafte Arbeitgebermarken gar keine Rolle. Sie suchen sich bewusst lieber kleinere, weniger bekannte oder stärker regional verankerte Unternehmen. Dies eröffnet auch weniger markenstarken Unternehmen Chancen, mit emotional ansprechenden und inhaltlichen Stärken zu punkten.

Unterschiedliche Medienpräferenzen bei Arbeitgeberwerbung und Arbeitgebersuche

Aktuell wird Arbeitgeberwerbung von den Bewerbern in den folgenden Medien am häufigsten wahrgenommen (Auszug): YouTube (36%), Instagram (35%), TV- und Radiowerbung (27%), Facebook (25%), Außenwerbung / Plakate (25%). Insgesamt dominieren hier digitale Medien deutlich; klassische Stellenanzeigen in Print-Medien spielen nur eine untergeordnete Rolle.

Bei der eigenen Arbeitgeber-Suche nutzen die Bewerber aktuell vor allem folgende Kanäle: Jobbörsen wie Stepstone, Monster oder Indeed (51%), allgemeine Google-Suche (33 Prozent) und berufliche Netzwerke wie LinkedIn oder XING (rund 30%). Jeder Dritte (30 Prozent) greift aber auch auf Weiterempfehlungen aus seinem persönlichen Umfeld zurück. Soziale Medien spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Auch in puncto berufsbezogener / bewerbungsbezogener Mediennutzung zeigen sich in einzelnen Bewerbergruppen zugleich teils deutlich unterschiedliche Gewohnheiten und Präferenzen. Insgesamt haben sich Online- wie Offline-Kanäle im Recruiting und bei der Arbeitgebersuche im Vergleich zu früher stark verbreitert und ausdifferenziert.

Sehr hohe Wechselbereitschaft junger Berufstätiger

44 Prozent aller Berufstätigen bis 45 Jahre wollen in den nächsten zwei bis drei Jahren ihren Arbeitgeber bestimmt oder wahrscheinlich wechseln. Unter den Berufstätigen mit bis zu fünf Jahren Berufserfahrung sind dies sogar über 50 Prozent. Lediglich jeder Vierte (27%) schließt einen aktiven Arbeitgeberwechsel in der nächsten Zeit ganz oder weitgehend aus. Dies zeigt: Die Wechselbereitschaft, insbesondere unter jüngeren Berufstätigen, ist weiterhin sehr hoch. Daher gilt es für Arbeitgeber, ihre Attraktivität nicht nur nach außen, sondern auch nach innen zu steigern. Nur so bilden Personalgewinnung und Arbeitnehmerbindung ein erfolgreiches Ganzes. Und nur so kann beiderseitigen Enttäuschungen und dem zunehmenden “Arbeitgeber-Hopping” vorgebeugt werden.

“New Work” und “New Normal” als neue Erwartungstrends

In der Studie “Arbeitgeberattraktivität 2022 – Anforderungen der Talente an potenzielle Arbeitgeber” werden auch übergreifende und pandemiegetriebene Entwicklungen der letzten Jahre beleuchtet. Hier zeigt sich beispielsweise: Jeder dritte potentielle Bewerber (35%) kann sich mittlerweile vorstellen, die Hälfte seiner Arbeitszeit im Homeoffice zu verbringen.

Zugleich wird aber auch das klassische Arbeiten im Büro weiterhin geschätzt; insbesondere von jüngeren Menschen, die noch stärker nach persönlichem Austausch und Orientierung suchen. Und mehr als jeder Zweite will die Entscheidungen über Arbeitsort und Arbeitszeiten selbst treffen können. 15 Prozent wollen am liebsten gar nicht (mehr) im klassischen Büro arbeiten, sondern seine Aufgaben im Homeoffice oder an einem beliebigen anderen Ort erledigen.

Auch in puncto Qualität der Zusammenarbeit zeigen sich deutliche Differenzierungen der Erwartungen und Vorlieben: Jeder zweite Bewerber wünscht sich seine Führungskraft eher als beratenden Coach denn als klassische/n Vorgesetzte/n. Besonders wichtig ist vielen auch, dass ihre Tätigkeit inspirierend ist (53%) und damit ein bedeutsamer Beitrag zur Unternehmensvision geleistet werden kann (47%). Agile Arbeitsmethoden und der Einsatz digitaler Arbeitstools sind ebenfalls jedem zweiten Bewerber besonders wichtig.

“Arbeitgeber müssen sich darauf einstellen, dass die Bewerber unterschiedliche, und teils auch gegenläufige, Erwartungen und Wünsche mitbringen”, sagt Dr. Thomas Bittner. “Dies erfordert Weiterentwicklungen und Flexibilisierungen in der Organisation und Neuintegrationen innerhalb der Führungs- und Unternehmenskultur. Hierzu zählt auch die stärkere Sensibilisierung der Führungskräfte für eine moderne und vor allem wirksame Gestaltung der Führungsbeziehungen. Andernfalls verlieren Unternehmen den Anschluss an aktuelle Entwicklungen und sich verändernde Erwartungshaltungen.”

Pressemitteilung