Touchpoints Recruiting und Fachbereiche: Reibungspotenziale und Schmierstoffe

Touchpoints Recruiting und Fachbereiche: Reibungspotenziale und Schmierstoffe

Zwischen Recruitern und Hiring Managern gibt es viel Potenzial für Reibungspunkte. So erwarten Führungskräfte oft kleine Wunder, was Besetzungstempo sowie Quantität und Qualität an Bewerbungen angeht. Sie legen sich auf der anderen Seite jedoch ungern auf Anforderungen, Aufgaben oder Termine fest. Oder sie halten zu stark z.B. an Anforderungen fest und rücken nur ungern von der “eierlegenden Wollmilchsau” ab. Die einen sehen sich je nach Ausgestaltung des Recruitings in ihren Entscheidungen beschnitten. Die anderen glauben sich nicht gut genug unterstützt oder durch Service Levels unter Druck gesetzt.

Recruiter fühlen sich nicht selten zum Dienstleister für alles Administrative und Unangenehme abgestempelt, hinsichtlich ihrer Möglichkeiten, sich mit dem zu besetzenden Job auseinanderzusetzen abqualifiziert und in ihrer eignungsdiagnostischen Kompetenz nicht ausreichend gewertschätzt.

Die Folge: Mancher Fachbereich, ist unzufrieden mit “dem Recruiting” und würde es am liebsten alleine nach Gutdünken machen. Und manch Recruiter hat nicht lange Lust auf eine solche Zusammenarbeit und sucht nach anderen Aufgabengebieten. Wenn die Kiste verfahren ist, wirkt sich das auch auf die Candidate Experience von Bewerbenden aus und damit auch auf den Rekrutierungserfolg.

Wie Touchpoint-Management positiv gestaltet werden kann

Um dies zu vermeiden, positionieren sich erfahrene Recruiter als agile Recruiting Projektmanager. Sie kennen nicht nur die neuralgischen Touchpoints im Zusammenspiel mit den Fachbereichen. Sie wissen auch um die Schmierstoffe mit denen es gelingt, Führungskräfte von einem Miteinander statt einem Gegeneinander oder einer Verselbständigung zu überzeugen.

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Hier haben wir entlang der Touchpoints für euch typische Herausforderungen und Möglichkeiten zusammengestellt.

ReibungspotenzialeSchmierstoffe
Touchpoint 1: Beauftragung zur Stellenbesetzung
Recruiting erhält den Auftrag mit ein paar kurzen Hinweisen zur Stelle oder auf eine alten Stellenanzeige
Vereinbaren eines Briefingtermins, in dem man
– die wesentlichen Eckdaten der Stelle und Candidate Personas klärt
– sich über weiche Aspekte zu Team, Rahmenbedingungen etc. austauscht
– über für diese Stelle empfehlenswerte Recruiting-Kanäle und Auswahlschritte spricht sowie
– Erwartungsmanagement betreibt

Der Nutzen: Gut investierte Zeit, weil dann die Vorauswahl und die Beantwortung von Bewerberfragen optimaler läuft und der Prozess zügiger durchgeführt werden kann.
Touchpoint 2: Stellenanzeige
Die Stellenausschreibung wird von der Führungskraft oder jemandem im Team formuliert, i.d.R. ohne die relevanten Stellschrauben erfolgreicher Anzeigenformulierung/-gestaltung zu kennen. Wenig aussagekräftige oder wenig lesefreundliche, ausschweifende Anzeigen sind oft die Folge.
Angebot der (Um-) Formulierung der Stellenanzeige durch den Recruiter unter Berücksichtigung der wesentlichen Dos und Don’ts sowie aktueller Erkenntnisse aus Studien zu Erwartungen von Bewerbern an Stellenanzeigen. Mit dem Anzeigenvorschlag gleich auch einen Vorschlag zu passenden Recruiting-Kanälen verbinden und ggf. relevante Informationen dazu für den Entscheider zusammentragen.

Der Nutzen: Die Führungskraft spart Zeit und positioniert eine professionelle Stellenanzeigen am Markt und in zielgruppengerechten Kanälen. Die Ausschreibung erhält mehr Aufmerksamkeit und mehr sowie besser passende Bewerbungen.
Touchpoint 3: Bewerbungsrücklauf
Recruiting prüft eingehende Bewerbungen, macht eine erste Vorauswahl und führt ggf. ergänzende Telefoninterviews oder Testverfahren durch. Wenn sich geeignete Kandidaten finden, werden diese sukzessive oder gesammelt den Hiring Managern vorgestellt.
Mitnahme der Führungskraft zwischen Ausschreibung und Weiterleitung von Bewerbenden z.B. durch regelmäßige Status-Calls oder E-Mails. Hierbei Information über den Bewerbungseingang und ggf. empfehlenswerte Anpassungen in der Recruiting-Strategie.

Der Nutzen: Die Führungskraft erlebt durch die Rückkopplungsschleifen ein agiles Handeln, fühlt sich einbezogen und erfährt eine kompetente Beratung und Unterstützung statt reines Abwickeln.
Touchpoint 4: Kandidatenvorschläge
Bewerbungsunterlagen werden an Führungskräfte zur Bewertung und Entscheidung weitergeleitet. Oft bleibt eine Reaktion des Hiring Managers aus oder erfolgt mit erheblichem Zeitverzug. Als Feedback erhält man nicht selten nur ein “Bitte einladen” oder “Bitte absagen”, jedoch keine Details.
Mehrwert für die Entscheider liefern durch ergänzende Informationen zur einfacheren/ schnelleren Entscheidungsfindung. Z.B.
– Kommentierung der Unterlagen,
– Zusammenfassung der Erkenntnisse eines potenziell durchgeführten Telefon-/ Videointerviews oder Tests
– Vornahme einer begründeten Einstufung der Bewerbung

Setzen eines Termins für eine Rückmeldung; dabei nicht nur auf Systemnachrichten bei Vorhandensein eines BMS setzen, sondern auch den persönlichen/telefonischen Kontakt suchen und z.B. ein Beratungsgespräch zu den weitergeleiteten Bewerbern anbieten

Der Nutzen: weniger Lese- und Analyseaufwand für die Entscheider, fundierte Informationen als ergänzende Entscheidungshilfen, schnellere Entscheidungsfindung, Austausch ggf. neuer wichtiger Auswahlkriterien.
Touchpoint 5: Kennenlern-Organisation (hier: Job-Interview)
Die Terminkoordination ist häufig ein Ping-Pong-Spiel mit dem Recruiter mittendrin. Durch begrenzte Erreichbarkeiten und volle Terminkalender von Führungskräften und z.T. von Bewerbenden zieht sich eine Terminvereinbarung oft hin. Unklar bleibt häufig auch, was konkret und unter Beteiligung von wem an einem solchen Kennenlerntermin stattfinden soll.
Vorab-Klärung von Inhalten, Teilnehmern, Dauer und Ort und Sicherstellen verbindlich reservierter Terminoptionen bei der Führungskraft. Alternativ Einsatz eines Online-Terminkoordinationstools, um dem Bewerbenden eine Buchung freier Terminoptionen zu ermöglichen

Bei eigener Teilnahme als Recruiter an Kennenlern-Terminen mit Hiring Managern vor Start der Jobinterviews Ablauf, Rollenverteilung und ggf. Einsatz eignungsdiagnostischer Instrumente klären. Bei Entscheidung für eignungsdiagnostische Instrumente diese entwickeln und vorab briefen.

Der Nutzen: Das Terminmanagement wird für alle vereinfacht, Termine können zügiger realisiert werden und man kann Erwartungsmanagement hin zu Bewerbenden betreiben. Das ist ein Pluspunkt für die Candidate Experience.
Touchpoint 6: Kennenlernen (hier: Job-Interview)
Führungskräfte führen Jobinterviews oft wie sie sich ergeben. Sie haben ein paar Standardfragen, die nicht zwingend auf die Anforderungen zugeschnitten sind. In Bezug auf Arbeitgeberleistungen sind sie nicht immer im Detail informiert, so dass Bewerberfragen z.T. offen oder unkonkret beantwortet bleiben. Notizen werden selten oder nur rudimentär gemacht. Die Entscheidung für oder gegen einen Kandidaten ist häufig eine spontane Bauchentscheidung oder wird aufgrund von Unsicherheit verschoben.
Moderation von Jobinterviews durch Recruiter, der sowohl für die Einhaltung zeitlicher und rechtlicher Aspekte sorgt als insbesondere auch darauf achtet, dass alle wichtigen Entscheidungskriterien beleuchtet werden.

(Stichpunktartige) Dokumentation des Gespräches und abschließende (strukturierte) Bewertung der Aussagen gemeinsam mit der Führungskraft. Hierbei die Entscheidungsfindung anforderungsorientiert unterstützen und auf mögliche Beurteilungsfehler hinweisen.

Der Nutzen: Job-Interviews laufen strukturierter und zielführender ab. Es wird eine höhere Vergleichbarkeit der Kandidaten und eine objektivere Bewertung unterstützt. So lassen sich Entscheidungen rechtssicher begründen und Kandidaten bei Feedback besser vermitteln.
Touchpoint 7: Bewerberfeedback
Die Entscheidungsmitteilung nach einem Kennenlernen wird gerne – insbesondere im Falle einer Absage – an die Recruiter delegiert oder erst gar nicht vorgenommen. Wenn Führungskräfte Bewerbenden Feedback geben, ist nicht immer eine ausreichende Sensibilität für AGG-relevante Aussagen oder den von Bewerbenden erwarteten Zeithorizont vorhanden.
Bei Teilnahme als Recruiter am Gespräch Übernahme eines zeitnahen und fundierten Feedbacks an die Kandidaten.

Bei fehlender Teilnahme am Gespräch die Führungskraft einbeziehen und entweder hinsichtlich Bewerberfeedback sensibilisieren oder von der Führungskraft eine fundierte Bewertung (insbes. bei Absagen) einfordern, um ein aussagekräftiges Feedback selbst durchzuführen.

Der Nutzen: Kandidaten erhalten zeitnah ein erwartetes Feedback, was das Arbeitgeberimage positiv beeinflusst. Führungskräfte treffen nicht nur Bauchentscheidungen, sondern werden für eine objektive, kriteriengestützte Auswahl sensibilisiert.
Touchpoint 8: Stellenschließung
Spätestens nach Vertragsschluss schließt Recruiting oder HR die Stelle und informiert die Führungskraft über die Einstellung.
Statt einer schlichten Prozessabwicklung zum Projektende nochmals ein kurzes Gespräch suchen und gegenseitig konstruktives Feedback geben.

Der Nutzen: Die Beteiligen schließen das Projekt gemeinsam ab; Unzufriedenheiten stauen sich nicht auf, sondern können bilateral geklärt werden; Lerneffekte für kommende Recruitingprozesse sind möglich.

So praktiziert erleben Hiring Manager eine hohe Fachkompetenz und Augenhöhe ihrer Recruiter statt starre Prozessvorgaben und formale Abwicklung von Stellenbesetzungen. Sie sind einbezogen und können sich mit ihrem Know-how und Insiderwissen einbringen. Sie erfahren aber auch echte Entlastung, bekommen Mehrwerte und ein auf ihre Stellen angepasstes Handeln. So lernen den Wert des Handwerks Recruiting kennen und schätzen und erleben Recruiting als Teamleistung und besetzte Stellen als Teamerfolg.

* Auch wenn wir zu Gunsten der Lesbarkeit auf die gleichzeitige Nutzung aller Genderformen verzichten, meinen wir immer alle Geschlechter.

Ruth Böck
Ruth Böck
Hallo, ich bin einer der Köpfe von upo - Bausteine für Rekrutierungserfolg. Als #RecruitingStarkMacher unterstützen wir Recruiter, mit einem echt starken Recruiting einen erlebbaren Unterschied zu machen. Und so mehr Rekrutierungserfolg zu erzielen. Außerdem bin ich Initiatorin und Mitmacherin dieses Fachportals Rekrutierungserfolg.de. Wenn dir meine Beiträge gefallen, dann trage dich hier gerne für unser upo Magazin mit Tipps & Hinweisen für #RecruitingStarkMacher ein.