Leere Versprechungen vergraulen Talente

Employer Branding ist mehr als bloß Imagefilm, Hochglanzbroschüre und Social Media – auch wenn so manche Personaler denkt, damit sei es getan. Die Claims der Arbeitgebermarke müssen für die Mitarbeiter Wirklichkeit sein. Sonst reißen Unternehmen von hinten ein, was sie vorne aufgebaut haben und schaden damit nachhaltig ihrem Ruf.

Mitarbeiter planen heute tendenziell länger im Unternehmen zu verweilen als früher: Während vor zehn Jahren über 40 Prozent nur noch weniger als ein Jahr im Unternehmen bleiben wollten, liegt dieser Anteil heute bei kaum mehr 16 Prozent. Gleichzeitig hat sich der Anteil derjenigen, die planen, noch mehr als zehn Jahre im Unternehmen zu verweilen, verdreifacht. 36,2 Prozent – mehr als doppelt so viele als noch vor zehn Jahren – wollen zudem auch nach einer Trennung weiter eine enge Beziehung zum ehemaligen Arbeitgeber pflegen. Doch obwohl das so ist, empfinden wesentlich weniger Mitarbeiter eine hohe Loyalität gegenüber ihrem Arbeitgeber (-17,2 Prozentpunkte) als früher und rund vier von zehn denken oft darüber nach, ihren aktuellen Vertrag zu kündigen. Hinweise darauf, wie diese Diskrepanz zustande kommt, geben die Ergebnisse der 18. "Recruiting Trends"* Studie des Centre of Human Resources Information Systems (CHRIS) der Universitäten Bamberg und Erlangen-Nürnberg sowie des Karriereportals Monster.

Der Traum vom perfekten Job platzt nach Arbeitsbeginn

Eine zentrale Erkenntnis der Studie: Bei der Bewertung der Arbeitgeberattraktivität aus Kandidatensicht gibt es einen deutlichen Abstieg sobald der Einstieg in den Job erfolgt ist. Vor Arbeitsbeginn schätzen noch sechs von zehn Kandidaten die Attraktivität des Unternehmens als "sehr gut" oder "gut" ein. Nach Jobbeginn sind es nicht einmal mehr fünf von zehn (46,2 Prozent). Unternehmen scheinen in vielen Fällen also nicht das zu halten, was sie vor der Einstellung versprochen haben.

"Interessanterweise finden Externe die Unternehmen deutlich attraktiver als Interne. Das liegt an Versprechen nach außen, die nach innen nicht ganz so gelebt werden", sagt Prof. Dr. Tim Weitzel, Studienleiter und Professor am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, insbesondere Informationssysteme in Dienstleistungsbereichen, der Universität Bamberg. "Das ist nicht nur problematisch für die Bindung der Mitarbeiter, es startet auch einen gefährlichen Dominoeffekt: Enttäuschte Kandidaten erzählen von den schlechten Erfahrungen und ‘stecken andere an’ – sei es im Freundeskreis oder auf Social Media. So etwas etabliert sich rasch als die neue Wahrheit und macht zukünftige Rekrutierung noch schwieriger. Die aktuelle Krise ist dabei ein weiterer wichtiger Lackmustest, ob Werte von Unternehmenskultur bis offene Kommunikation auch tatsächlich gelebt werden."

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Zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Wie es dazu kommt, dass Kandidaten Unternehmen vor Jobbeginn positiver wahrnehmen als danach, liegt maßgeblich daran, dass Unternehmen ihre Versprechen nicht halten. Vermutlich besteht ein Zusammenhang zur Selbst- und Fremdwahrnehmung der Unternehmen. Denn Mitarbeitern ist beispielsweise ein gutes Arbeitsklima (rund neun von zehn Befragten) und Work-Life-Balance (acht von zehn) im Job besonders wichtig. Neun von zehn Unternehmen sehen sich in diesen beiden Bereichen auch mehrheitlich gut aufgestellt, überschätzen sich damit jedoch. Tatsächlich empfindet nur etwas mehr als die Hälfte der Mitarbeiter das Arbeitsklima als gut (55,8 Prozent) und weniger als die Hälfte bescheinigt dem eigenen Unternehmen, der Work-Life-Balance einen hohen Stellenwert einzuräumen (45,7 Prozent).

Employer Branding aufs Geratewohl richtet nachhaltig Schäden an

Besserung ist in der Hälfte der Unternehmen eher nicht in Sicht. Gerade einmal ein Viertel der Unternehmen misst momentan objektiv den Erfolg seiner Employer-Branding-Maßnahmen und nur ein weiteres Viertel plant dies für die Zukunft. Demnach werden 50 Prozent der Unternehmen Employer-Branding-Maßnahmen – wenn überhaupt – auch in Zukunft nur im Blindflug umsetzen. Darüber, wie sie tatsächlich bei Kandidaten ankommen, werden sie weiterhin im Dunkeln tappen.

"Unternehmen müssen unbedingt ihre subjektiven Eindrücke systematisch überprüfen, mit den tatsächlichen Ansichten ihrer Mitarbeiter abgleichen und entsprechend nachjustieren," unterstreicht Steffen Günder, Sales Director von Monster in Deutschland. "Wenn hier eine Kluft entsteht, ist Unzufriedenheit vorprogrammiert. Daraus folgen dann mangelnde Loyalität, Kündigung und schlussendlich auch Imageverlust intern sowie extern bei der Personalbeschaffung. Die gute Nachricht ist: Genau wie misslungenes Employer Branding dem Unternehmen enorm schaden kann, so hat erfolgreiches Employer Branding großes Potenzial, die besten Talente anzuwerben und auch langfristig im Unternehmen zu halten."

Es ist allen klar, wie wichtig gutes Employer Branding für die Personalbeschaffung ist. Weniger klar ist, wie man als Unternehmen so gut sein kann, wie es im Employer-Branding-Prospekt steht.

Dabei fällt auf, wie sehr die Entwicklung des Employer Branding im Blindflug geschieht. Es gibt seit zehn Jahren unverändert kaum objektive Messungen des Erfolges von Employer-Branding-Maßnahmen. Systematisches Lernen geht aber nicht ohne systematisches Evaluieren. Unsere Benchmarks zeigen ganz deutlich den Weg: Gutes Employer Branding ist authentisch, involviert die aktuellen Mitarbeiter und baut auf einem kontinuierlichen Prozesscontrolling und belastbaren Kennzahlen auf. Dann merkt man bald, dass die Kennzahlen nur besser werden, wenn gleichzeitig das Unternehmen besser wird und "New Work" auch gelebt wird.

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