Dass Mitarbeiter auf den Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens maßgeblichen Einfluss haben, steht außer Frage. Das ist auch nicht erst der Fall, seitdem der demografische Wandel mehr und mehr zum Schreckgespenst der Personaler geworden und aus der öffentlichen Diskussion nicht mehr wegzudenken ist. Der Kampf um qualifizierte Fachkräfte nimmt zu, sodass Talentmanagement und Personalentwicklung mittlerweile zum Top-Thema im Recruiting geworden sind.
Mittlerweile ist ein Personalentwicklungskonzept für ein jedes Unternehmen unabdingbar geworden. Durch gute HR-Aktivitäten können Alleinstellungsmerkmale erzeugt werden, welche wiederum durch die Schaffung einer Arbeitgebermarke zur Profilierung am Arbeitsmarkt dienen. Doch leider klaffen Theorie und Praxis dabei noch weit auseinander. Deshalb stellen wir hier Grundzüge und Strategien der Personalentwicklung vor.
Ziele der Personalentwicklung
Das Wissen und Know-how der eigenen Mitarbeiter gehört mit zu den wichtigsten Ressourcen eines jeden Unternehmens. Personalentwicklung hat deshalb grundlegend drei Ziele:
- Gewinnung von Personal durch Darstellung als attraktiver Arbeitgeber,
- Weiterqualifizierung der eigenen Arbeitnehmer für verschiedene Aufgaben und auch höhere Positionen, um das Unternehmen für kommende Herausforderungen fit zu machen,
- Mitarbeiterbindung durch attraktive Angebote an die Arbeitnehmer.
Die Mitarbeiterentwicklung ist daher ein wichtiges Thema bei der Personalführung im Unternehmen. Stehen in absehbarer Zeit den Unternehmen nicht mehr genügend qualifizierte Arbeitnehmer auf dem freien Markt zur Verfügung, so wird die Weiterbildung eigener Talente immer wichtiger. Langfristig gesehen ist ein intern ausgebildetes Talent ein Erfolg versprechender Weg, um verlässlich Mitarbeiter an das eigene Unternehmen zu binden. Ein weiterer, positiver Effekt ist, dass es weniger Aufwand bedarf, eine Führungsposition mit einem intern ausgebildeten Mitarbeiter zu besetzen, da bei diesem bereits die richtige Einstellung zum Unternehmen, sowie eine Vertrauensbasis vorhanden sind. Wenn Firmenwissen durch das Recruiting von externen Kräften nicht immer wieder neu aufgebaut werden muss, bedeutet dies für das Unternehmen einen deutlichen Wettbewerbsvorteil.
Das muss für eine effektive Personalentwicklung getan werden
Natürlich ist diese Erkenntnis, dass sich Unternehmensstrukturen im Wandel befinden und dieser direkten Einfluss auf das Personalmanagement hat, nicht neu. Es muss aber auch im Bewusstsein von Unternehmen und Führungskräften verankert werden, dass Personalentwicklung mehr bedeutet, als nur den Mitarbeiter zur Weiterbildung zu schicken. Um das Unternehmen und die Mitarbeiter im Sinne einer effektiven Personalentwicklung weiterzuentwickeln und somit krisenfest für die Zukunft zu machen, gibt es eine ganze Reihe von Maßnahmen, welche ein modernes Unternehmen umsetzen muss:
1. Unternehmen auf Personalentwicklung ausrichten
Der allgemeine Trend in der Unternehmensstruktur geht weg vom klassischen Hierarchiedenken mit alleinentscheidenden Führungskräften hin zum kollaborierenden Team. Mitarbeiter wollen nicht mehr nur Befehlsempfänger sein, sondern sich auch direkt am Erfolg des Unternehmens beteiligen. Flache Hierarchien und Mitbestimmung des Mitarbeiters sollten zunehmend in Unternehmen Einzug halten. Eine große Herausforderung liegt dabei darauf, die Mitarbeiterqualifizierung proaktiv an die Unternehmensstrategie auszurichten und zum anderen eine transferförderliche Gestaltung der Personalentwicklungsaktivitäten. Um das zu erreichen, müssen alte und gefestigte Handlungs- und Denkmuster überwunden und stattdessen erfahrungsbezogene Handlungs- und Denkmuster entwickelt werden.
2. Haltung der Führungskräfte
In einer empirischen Studie des Instituts für Arbeitspsychologie der Universität von Sheffield wiesen Forscher nach, dass der Umgang der Führungskräfte mit den Mitarbeitern direkten Einfluss auf die Loyalität dieser hat. Das Unternehmen und ganz besonders Führungskräfte müssen von daher ihre Haltung in der Form verändern, dass sie den Mitarbeiter an sich mehr in den Mittelpunkt stellen und nicht nur als Erfüllungsgehilfen sehen. Durch folgende Aspekte sollten sich Führungskräfte auszeichnen, die den neuen Rollenanforderungen gerecht werden wollen:
- Nutzen als Entwicklungsbasis die tägliche Arbeitserfahrung,
- Sind sich der Lern-Psychologie bewusst und vernetzen die Mitarbeiter mit Entwicklungspartnern,
- Vermitteln Fähigkeiten, besonders im Umgang mit unternehmerischen Entscheidungen,
- Zur Lernförderung beeinflussen Sie das Unternehmensumfeld,
- Sind kommunikationsstark nach innen und nach außen.
3. Vertikale Entwicklung fördern
Durch die Förderung des Selbstlernens, die Verstärkung der Eigenverantwortung der Mitarbeiter, sowie verschiedene Coaching-Angebote wird der Mitarbeiter nicht nur weitergebildet sondern in seiner ganz persönlichen Entwicklung gestärkt, welche letztendlich auch zu einer allgemeinen Stärkung des Unternehmens führt. Werden die einzelnen Potenziale der Mitarbeiter erkannt und gefördert, fühlen sich diese als kompetent wahrgenommen und wertgeschätzt. Das wiederum fördert auch die intrinsische Motivation und sorgt für eine positive Einstellung dem Arbeitgeber gegenüber. Schlussendlich kommt das dem gesamten Unternehmen zugute. Eine optimale Verschmelzung von Unternehmen und ihren Mitarbeitern impliziert dabei auch, dass ihnen entsprechend ihren Aufgaben und Fähigkeiten Gestaltungsspielräume gegeben sowie gewisse Entscheidungsbefugnisse eingeräumt werden. Aber: Die Verantwortung für die eigene Entwicklung liegt bei jedem Mitarbeiter selbst, die HR-Abteilung versteht sich als Entwicklungspartner.
4. Stärken und Schwächen der Mitarbeiter herausarbeiten
Zur Personalentwicklung gehört auch, dass sich ein Arbeitgeber seine Mitarbeiter ganz genau anschaut und bei jedem einzelnen die Stärken und Schwächen erkennt. Ist ein Mitarbeiter zum Beispiel nicht der schnellste und produktivste, hat er vielleicht andere Stärken, die das Unternehmen voranbringen. So war es zum Beispiel bei einem Unternehmen, welches mittels Mitarbeitertracking seine Arbeitsprozesse verbessern wollte. Die Mitarbeiter wurden mehrere Tage lang mittels eines Trackers bei ihren Wegen durchs Büro verfolgt. Dabei wurden zwei Mitarbeiter identifiziert, die weniger produktiv als andere waren, aber dennoch eine wichtige Funktion erfüllten. Denn jedes Mal, wenn sich andere Mitarbeiter mit einer der beiden Personen unterhalten haben, arbeiteten diese danach wesentlich produktiver. Die Stärken der beiden Mitarbeiter lagen demnach eindeutig im kommunikativen Bereich. In Gesprächen konnten Sie ihren Kolleginnen und Kollegen Lösungsansätze liefern oder sie für ihre Aufgabe motivieren. Ohne diese genaue Analyse wären diese wertvollen Fähigkeiten und deren Wirkung wahrscheinlich nicht offensichtlich geworden – stattdessen hätten die Mitarbeiter früher oder später wegen mangelnder Arbeitsleistung das Unternehmen verlassen müssen. Dieses Beispiel zeigt, dass es nicht darum geht, zwingend Schwächen auszumerzen, sondern Stärken zu fördern.
5. Personalentwicklungsstrategie für das Unternehmen entwickeln
Die Möglichkeiten für die Mitarbeiterentwicklung sind groß, deshalb braucht es ein gutes Konzept und eine an den Zielen des Unternehmens und Bedürfnissen des Mitarbeiters orientierte Strategie. Das fängt bei einem Zielvereinbarungssystem an, geht über ein institutionalisiertes Mitarbeitergespräch, eine klar strukturierte Funktions- & Stellenbeschreibung bis hin zur Mitarbeiterbefragung und flexiblen Arbeitszeitmodellen. Die verschiedenen Maßnahmen können sowohl auf das Unternehmen, als auch auf den einzelnen Mitarbeiter bezogen werden. Wobei im Unternehmen immer das Konzept dahinter steht, zum Beispiel die Weiterbildungsplanung und beim Mitarbeiter die Einzelmaßnahme, in dem Fall die konkrete Weiterbildung oder Qualifizierung.
6. Das Team nicht vergessen
Bei all den mitarbeiterbezogenen Personalentwicklungsmaßnahmen, sollte das Team nicht vergessen werden. Denn ein harmonisches Team, in dem eine gesunde Kommunikations- und Streitkultur herrscht, arbeitet effektiver und erfolgreicher. Hier sind Maßnahmen wie Teamevents zur Teamentwicklung, Teamcoaching oder Projektmanagement und Weiterbildungen sinnvoll. Sind Arbeitnehmer ihren Kollegen und Kolleginnen freundschaftlich verbunden und fühlen sich im Team wohl, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass sie das Unternehmen für einen anderen Job verlassen.
Die Benefits einer gelungen Personalentwicklung – ein Beispiel
Auf dem Papier sorgen die verschiedenen Maßnahmen der Personalentwicklung erstmal für ein dickes Minus. Sie kosten Zeit und Geld, während sich der finanzielle Nutzen für das Unternehmen nur schwer beziffern lässt. In einem Beispiel soll deshalb kurz illustriert werden, was für einen erheblich positiven Einfluss die Mitarbeiterentwicklung auf den Umsatz eines Unternehmens haben kann.
Eine Schlüsselkompetenz, die jeder Manager beherrschen muss, ist Kommunikation. Er selbst muss nicht nur selber ausgezeichnet mit seinen Mitarbeitern kommunizieren können, sondern auch für eine reibungslose Kommunikation zwischen den einzelnen Teilen seines Unternehmens sorgen. Das Formulieren von klaren, verständlichen Aussagen ist dabei genauso wichtig, wie die diplomatische Gesprächsführung. Von Natur aus gibt es Menschen, die wahre Kommunikationstalente sind, während andere sich wiederum schwer mit klarer Kommunikation tun. Die gute Nachricht ist: Richtig kommunizieren lässt sich lernen und ist damit das perfekte Feld für die Personalentwicklung im Managementbereich. Ein Team, bei dem der Manager weiß, wie er richtig kommuniziert, arbeitet wesentlich effektiver und zufriedener. Das lässt sich dann auch wieder in Zahlen ausdrücken – denn effektives Kommunizieren kann den Umsatz im Vergleich zu nicht kommunikationsfähigen Mitbewerbern erheblich steigern.
Fazit – Das bringt die Mitarbeiterentwicklung
Mitarbeiterzufriedenheit sowie die Loyalität zum Unternehmen, sind längst keine Selbstläufer mehr. Der weithin beschriene demographische Wandel und der fortschreitende Fachkräftemangel verschieben das Kräfteverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Gerade hoch qualifizierte Fachkräfte haben zunehmend die Möglichkeit aus verschiedenen Jobangeboten zu wählen und auch Forderungen zu stellen. Sollte es Ihnen dann bei einem Arbeitgeber nicht gefallen, ist es für sie kein Problem, zu wechseln.
Deshalb sind die Unternehmen gefragt, ihren Mitarbeiten so attraktive Arbeitsbedingungen zu bieten, damit sie eine enge Bindung zum Unternehmen aufbauen. Das gelingt nur, indem sich ein Unternehmen an die Gegebenheiten und den Bedürfnissen der modernen Arbeitswelt anpasst und ein ausgereiftes Personalentwicklungskonzept bereitstellt. Zu Beginn reicht dafür die Konzentration auf die besonders wichtigen Maßnahmen, von denen sowohl das Unternehmen als auch der Arbeitnehmer profitiert und die sich auch untereinander befruchten: Weiterbildungen, Zielvereinbarungen, institutionalisierte Mitarbeitergespräche, moderne Führungsgrundsätze und Unternehmensleitsätze sowie ein attraktives Bonussystem für gute Leistungen.
Über den Autor
Klaus Becker ist Geschäftsführer der Becker + Partner Personalberatung und baute 2002 die Personalberatung für den Mittelstand auf. Vor seiner Tätigkeit als Personalberater war er über 18 Jahre als Führungskraft in nationalen und internationalen Unternehmen der mittelständischen Industrie mit bis zu 1.800 Mitarbeitern tätig. Die leitenden Beschäftigungen umfassten die Bereiche Rationalisierung, Werkscontrolling und Betriebsorganisation.
Klaus Becker absolvierte nach seiner Ausbildung in der Industrie ein technisches und betriebswirtschaftliches Studium mit den Schwerpunkten Industrial Engineering und Betriebspsychologie.