Mit Vertrag ist noch lange nicht Schluss – Onboarding statt "Mann über Bord"

Onboarding
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Der Arbeitsvertrag ist unterschrieben, beide Seiten freuen sich auf die Zusammenarbeit. Aber die beginnt oft erst in einigen Wochen oder gar Monaten. Eine lange Zeit, in der viel passieren kann oder eben auch nicht. Letzteres kann fatale Folgen haben und den Rekrutierungserfolg wieder zunichte machen. Ob das gute Gefühl bei Vertragsabschluss erhalten bleibt und ein Onboarding nachhaltig gelingt oder es bald wieder heißt “Mann über Bord”, hängt auch davon ab, wie die Zeit zwischen Vertragsabschluss und Arbeitsbeginn gestaltet wird.

Dumm gelaufen?

Bei einer Themensammlung im Rahmen eines Workshops zur Recruiting-Optimierung platzte es aus einem Teilnehmer heraus: was nütze die ganze Optimierung, um Leute unter Vertrag zu bringen, wenn sie dann doch nicht anfangen. Ihm sei es schon ein paar Mal passiert, dass Bewerber nach Vertragsunterschrift noch vor Arbeitsantritt kündigten bzw. um einen Aufhebungsvertrag baten. Ein anderer Teilnehmer hakte gleich ein und sagte, dass gerade Auszubildende und Trainees gerne mal mehrere “Eisen im Feuer haben” und sich dann kurz vor Start entscheiden, wohin sie gehen oder in der Probezeit kündigen. Und ein dritter Teilnehmer berichtete, dass er eher das Problem habe, dass Bewerber nach Vertragsunterschrift noch um die Ecke kämen mit Fragen und Wünschen, die doch eigentlich Privatkam seinen, z.B. in welcher Ecke der Stadt man besser nicht wohnen würde oder ob es Unterstützung bei der Jobsuche für den Partner gäbe. Dumm gelaufen? Nein, meint ein weiterer Teilnehmer, der sich sehr erstaunt zeigte und in die Runde fragte, ob man denn keine Onboarding-Maßnahmen einsetzen würde? Und schon hatten wir Diskussionsstoff und damit ein interessantes Vertiefungsthema für unseren Workshop.

Typische Aktivitäten in der Zeit zwischen Vertrag und Start

In der Diskussion zeigte sich, dass die meisten Unternehmen die Zeit zwischen Vertragsunterschrift und erstem Arbeitstag eines Mitarbeiters nicht untätig verstreichen lassen. Häufig werden organisatorische Maßnahmen vorbereitet wie z.B. die Einrichtung oder Ausstattung des Arbeitsplatzes, die Bereitstellung von Arbeitsmitteln oder Zugangsdaten; auch wird nicht selten an Einarbeitungsplänen gearbeitet, ein Pate ausgewählt und teilweise sogar richtig Zeit in die Organisation einer Einführungsveranstaltung gesteckt. Aber – und das war eine interessante Erkenntnis: der aktive Kontakt zu neuen Mitarbeitern wurde bei den anwesenden Teilnehmern eher selten gesucht.

Folgen fehlender Interaktion in der Überbrückungszeit

Wir haben im Rahmen des Workshops mal ganz bewusst die Perspektive der neuen Mitarbeiter, die gerade noch Bewerber waren, eingenommen und uns im wahrsten Sinne des Wortes auf deren Stuhl gesetzt: was kann eine längere Zeit ohne Kontakt nach Vertragsunterschrift bewirken?

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  • Die Vorfreude auf den neuen Job flacht ab.
  • Details zum Unternehmen und der künftigen Tätigkeit geraten aus dem Gedächtnis.
  • Man fühlt sich alleine gelassen mit Fragen zum Stellen- und ggf. Ortswechsel, die scheinbar banal, aber doch wichtig sind.
  • Man hat das Gefühl, dass man weniger wichtig ist als einem signalisiert wurde.
  • Unsicherheit kommt auf, ob man die richtige Entscheidung getroffen hat.

Und wenn das passiert, wird man nicht nur offener für weitere Indizien vor und zu Beginn der Tätigkeit, die das Abflachen des bei Vertragsunterschrift noch guten Gefühls verstärken, sondern auch für Alternativen.

Ansatzpunkte für mehr Beziehungspflege vor Arbeitsbeginn

Einmal im Brainstorming fallen viele Dinge ein, die man als Arbeitgeber machen kann, den neuen Kollegen und Mitarbeiter schon vor dem eigentlichen Arbeitsbeginn “an Bord zu holen”, zu binden und ihn in seiner Entscheidung zu bestärken. Hier ein paar informelle und formelle Möglichkeiten der Kontaktpflege:


informelle
  • Einladung zu Feiern oder Treffen
  • Zusendung von Mitarbeiterzeitschriften oder Newslettern
  • Gratulation zu besonderen Anlässen
  • Zusendung einer Welcome-Karte der neuen Kollegen
  • Vorstellung des Teams via Video, “Steckbriefe” etc.
  • Gesuche für Wohnung, Mitfahrgelegenheit etc. des neuen Mitarbeiters am “Schwarzen Brett”


formelle
  • Anforderung relevanter Unterlagen
  • Abstimmungen zu Umzugshilfen, Arbeitskleidung, Kfz oder Arbeitsmitteln
  • Besprechung von Einarbeitungsplan oder Schulungen
  • Einladung zu einem Startgespräch mit dem neuen Vorgesetzten
  • Übergabe einer Begrüßungsmappe
  • Informationen zum ersten Arbeitstag
  • (Re-)Location-Services für die Familie (z.B. Unterstützung bei Suche nach Kita, Schule, Wohnung, Job für Partner)


Nehmen Sie dies als Gedankenanstöße – je nach Organisation Ihres Unternehmens und je nach Zielgruppe fallen Ihnen bestimmt noch weitere Kontaktpunkte ein, die bei Ihrem ehemaligen Bewerber und künftigen Mitarbeiter das gute Gefühl auslösen, richtig entschieden zu haben und willkommen zu sein.

Der Beitrag ist Teil der Blog-Serie “Candidate Experience – konkret”.

Hier finden Sie verschiedene Artikel zu bewerberorientiertem professionellen Recruiting entlang des gesamten Recruiting Prozesses. Mehr über die Artikel-Serie lesen Sie in unserem Editorial – hier gibt es auch eine verlinkte Übersicht über alle Blog-Beiträge der Serie.

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Bildquelle: © upo

* Auch wenn wir zu Gunsten der Lesbarkeit auf die gleichzeitige Nutzung aller Genderformen verzichten, meinen wir immer alle Geschlechter.

Ruth Böck
Ruth Böck
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