Davon träumen viele Arbeitgeber: Volle Bewerbungseingänge, interessierte Kandidaten, die nur darauf warten, dass man sie auswählt und ihnen ein Vertragsangebot macht. Doch die Realität sieht, wie wir alle wissen, anders aus.
Auf der einen Seite beißen Jobinteressierte erst gar nicht an, Bewerbende springen wieder ab oder „ghosten“. Und auf der anderen Seite sind unzufriedene Hiring Manager, denen die Vakanzen das Leben schwer machen. Als Recruiter rotiert man irgendwo dazwischen und versucht irgendwie die Lage zu meistern und mehr Rekrutierungserfolg zu erzielen. Und die verschärft sich noch, wenn die Frühfluktuation zusätzlich hoch ist und Bewertungen auf Arbeitgeber-Bewertungsportalen eher schlecht ausfallen.
Mit immer weiteren Recruiting-Kanälen ist es da nicht getan
Fast reflexartig fokussieren sich viele in HR/Recruiting in dieser Situation darauf, irgendwie den Trichter mit möglichst vielen Bewerbenden zu füllen. Dazu werden alle möglichen Recruiting-Kanäle ausprobiert und vermeintlichen Trends gefolgt, die mehr Bewerbungen versprechen: Nischenjobbörsen, Active Sourcing, Headhunter, Social Media. Und manch einer lässt sich auch zu windigen Angeboten verleiten, die garantiert x Kandidaten in y Tagen versprechen.
Und trotz der ganzen Mühen: am Rekrutierungserfolg ändert das oft wenig. Stellen mit passenden Kandidaten zu gewünschten Terminen und gegebenen Rahmenbedingungen nachhaltig zu besetzen, bleibt ein Problem.
“Gamechanger” für Rekrutierungserfolg: Wie stark das Recruiting aufgestellt ist und gemacht wird
Wenn trotz Bespielen aller relevanten Kanäle zur Kandidatenansprache die Zahl passender Bewerbungen nicht signifikant steigt und Bewerbende sich auch im Kennenlernen eher schwer für eine Zusammenarbeit begeistern lassen, dann ist nicht die Ansprache an sich der Grund für fehlenden Rekrutierungserfolg.
Sehr oft liegt es vielmehr daran, wie das eigene Recruiting aufgestellt ist und gemacht wird. Und zwar vom Start eines Recruiting-Projektes, über die Gestaltung des Personalmarketings und Kennenlernprozesses bis hin zu Entscheidungsfindung und Onboarding.
Und dabei haben drei Stellschrauben eine ganz besondere Bedeutung. Merkmale eines starken Recruitings sind dabei:
- Eine klares Recruiting Organisation, die für ein effizientes Vorgehen und ein gutes internes Hand-in Hand-Spiel sorgt, was auf die wahrgenommene Professionalität einzahlt.
- Ein fundiertes Recruiting Know-how, mit dem die Schritte im Recruiting-Prozess nicht nur erlebbar kompetent und sicher, sondern auch bewerber- und zielgruppenorientiert erfolgen.
- Clever eingesetzte Recruiting-Ressourcen, um zielgerichtet auch dann zügig und ohne Qualitätsabstriche vorwärts zu kommen, wenn es gerade zeitlich/ personell eng ist.
Recruiting Organisation optimieren
Das Recruiting mancher Unternehmen ist wenig strukturiert und verbindlich organisiert. Stattdessen wird improvisiert und die Aufgaben werden mal so, mal so gemacht. Das Ergebnis: Prozesse dauern oft sehr lang, die Abstimmung zwischen Hiring Manager und HR/Recruiting ist kompliziert und aufwändig, Verantwortlichkeiten und Entscheidungen sind schwammig und es ist viel Subjektivität im Spiel.
Anders sieht es bei Arbeitgebern aus, die bewerber- und zielgruppenorientiert klare Prozesse haben. Bei denen sind nicht nur die Rollen von HR/Recruiting und Hiring Manager entsprechend ihrer Expertisen verteilt. Auch SLAs (Service-Level-Agreements), Tools und Vorlagen erleichtern es, die jeweiligen Aufgaben effizient zu erledigen und die Kommunikation untereinander zu vereinfachen.
Diese Unterschiede sorgen für Klarheit und Aufgeräumtheit, ermöglichen Transparenz, signalisieren Fairness und stehen damit für eine erlebbar hohe Professionalität. Das fördert eine positive Candidate Experience.
Recruiting-Kompetenz ausbauen
In den meisten Unternehmen gehen Recruiting-Beteiligte mit ihrem persönlichen Wissensbackground, vermeintlich guten Tipps Dritter und erworbenen Routinen an ihre Recruiting-Aufgaben heran.
Die Folge: Da werden Stellenanzeigen rausgehauen, die langweilig, nichtssagend und kaum an der Zielgruppe orientiert sind. Das gleiche gilt für Active Sourcing mit Massenmailings. Es setzt sich fort in 08/15-Auswahlverfahren mit Standardfragen und Pauschalbewertungen. Oder im endlosen Aufzählungen von Arbeitgeberleistungen, um das Unternehmen als Go-to-Arbeitgeber zu verkaufen.
Arbeitgeber, die hier deutlich kompetenter und v.a. bewerber- und zielgruppenorientierter vorgehen, erzeugen im Gegensatz dazu einen Wow-Effekt. Sie treffen schon mit ihrer Anzeige ins Mark interessanter Kandidaten, machen neugierig und ermöglichen ein gegenseitiges Kennenlernen auf Augenhöhe, das eine fundierte Entscheidung beidseitig erlaubt.
Und sie setzen dann oft noch ein i-Tüpfelchen obendrauf. Indem sie z.B. nicht nur treffende Stellenanzeigen formulieren, sondern auch gekonnt auffällige Job-Ads erstellen, die das Scrollen im Social-Media-Stream stoppen und Reaktionen auslösen. Oder mit Video-Interviews Punkte sammeln, die die Möglichkeiten der Systeme von der Warteraum-Gestaltung bis zu Breakout-Rooms geschickt nutzen.
Diese Unterschiede durch positiv erlebte Recruiting-Kompetenz ziehen mögliche Jobinteressenten mehr und mehr ins Unternehmen und wirken sich positiv auf Arbeitgeber-Bewertungen und –Image aus – und auf den Wunsch, genau da zu arbeiten und Teil davon zu sein.
Recruiting-Ressourcen clever einsetzen
Und auch das gehört in den Recruiting-Alltag vieler Arbeitgeber. Die personellen Kapazitäten im Recruiting sind knapp (bemessen). Zusätzliche neue Vakanzen oder Verzögerungen bei Stellenbesetzungen lassen HR/Recruiter dann schnell an Grenzen kommen. Ausfälle im Recruiting-Team verstärken das Ganze noch.
Die Folge: die Qualität leidet, People Business wird auf das Nötigste begrenzt. Neue Recruiting-Projekte werden verzögert, Hiring Manager vertröstet und Aufgaben, wie z.B. Projektarbeiten, fallen hinten herunter.
Anders bei Unternehmen, die sich nicht darauf fokussieren, alles selbst zu machen und das im Zweifel dann eben schlechter oder später, sondern auf externe Ressourcen zurückgreifen.
Und damit ist nicht die Aushilfe, der Praktikant oder die Zeitarbeitskraft gemeint, die administrative Aufgaben abnehmen, was oft intern noch eine Umorganisation notwendig macht. Gemeint sind vielmehr Angebote von Recruiting-Profis, die professionelle kollegiale Entlastung auf hohem Niveau liefern und schnell einspringen können. Das gilt fürs operative Recruiting, aber auch z.B. für die Konzeption von Auswahlinstrumenten, die Auswahl eines Bewerbermanagement-Systems (BMS) oder die Überarbeitung der Karriereseite.
So kann dann auch bei knappen eigenen Ressourcen das Recruiting zügig und auf hohem Niveau durchgeführt und Projekte nach vorne getrieben werden.
Guter Gedankenanstoß? – Aber wo jetzt ansetzen für mehr Rekrutierungserfolg?
Natürlich kann und muss man das nicht alles auf einmal angehen. Worauf sollte man aber den Fokus legen, um das eigene Recruiting zu stärken und so auch mehr Rekrutierungserfolg zu erzielen? Das hängt davon ab, wo das Recruiting auf der Stärke-Skala von improvisiert bis erlebbar stark aktuell steht.
Daher ist eine Statusbestimmung ein erster wichtiger Schritt. Und dann gilt es notwendige Maßnahmen abzuleiten, zu priorisieren und vor allem zeitnah umzusetzen.
Möchtet ihr mal einen #RecruitingStarkMacher-Check machen und sehen, wo ihr mit eurem Recruiting auf der Stärken-Skala steht? Hier findet ihr den Check.
Quellen
1 Studie von karriere.at in Zusammenarbeit mit dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut Marketagent (https://www.karriere.at/c/a/warum-bewerber-abspringen, Zugriff am 15.09.2023, 14:15 Uhr)
2 forsa-Studie im Auftrag von onlyfy by XING (https://www.new-work.se/de/newsroom/pressemitteilungen/2022_onlyfy_by_xing_arbeitgeber_in_sorge_fachkraeftemangel_wird_2023_weiter_zunehmen, Zugriff am 15.09.2023, 14:20 Uhr)
3 Xing-Studie in Zusammenarbeit mit Appinio (https://www.new-work.se/de/newsroom/pressemitteilungen/2023-pm-xing-studie-haette-ich-es-doch-gleich-gewusst, Zugriff am 15.09.2023, 14:30 Uhr)
4 Softgarden: Studie zur Candidate Experience (https://www.rekrutierungserfolg.de/risiken-bei-der-mitarbeiterintegration-steigen-softgarden-studie-zur-candidate-experience/, Zugriff am 15.09.2023, 14:25 Uhr)
5 Trendence-Studie im Auftrag eines interuniversitären Forscherteams (https://www.pressebox.de/pressemitteilung/trendence-institut-gmbh/Mitarbeiterbewertungen-als-Pruefsiegel-fuer-Arbeitgeber/boxid/1097641, Zugriff am 15.09.2023, 14:30 Uhr)
* Auch wenn wir zu Gunsten der Lesbarkeit auf die gleichzeitige Nutzung aller Genderformen verzichten, meinen wir immer alle Geschlechter.