Lieber Ausbildungsbetrieb, leider passen andere besser zu meinen Vorstellungen …

Wie Ausbildungsbetrieb Azubianzeigen optimieren kannZugegeben, kaum ein Azubi-Bewerber wird Ihnen eine Absage schreiben. Aber Sie fragen sich vielleicht, warum Sie zu wenig Bewerbungen erhalten. Das kann natürlich viele Gründe haben. Aber wenn man sich Stellenanzeigen für Ausbildungsplätze ansieht, kann man schon feststellen, dass es mehr oder weniger attraktive Stellenausschreibungen für Ausbildungsplätze gibt. Und hier fängt das Dilemma für viele Ausbildungsbetriebe, die über zu wenige Bewerbungen klagen, eben schon an. Wenn die jungen Leute schon beim ersten Kontakt mit der Stellenanzeige im Dunkeln gelassen werden und sie kein Gefühl entwickeln können, ob der Beruf oder Betrieb zu ihnen passt, dann werden sie sich erst gar nicht bewerben. Der nächste Ausbildungsbetrieb, der da mehr Einblick bietet, ist eben oft nur ein Klick entfernt.

Viele Anzeigen wirken wie eine lieblos zusammengestellte, mehr oder weniger lange Reihung von Stich- und Schlagworten; diejenigen, die das bieten, was die Zielgruppe eigentlich gerne sehen und lesen würde, sind in der Unterzahl. Dabei gibt es wirklich schöne Studien, die wertvolle Hinweise geben und bei Umsetzung einen augenfälligen Unterschied beim Betrachten von Stellenanzeigen machen. Denn mit Lesemagneten, Interessenverstärkern, Aktivitätenauslösern und Beziehungspflegern in Anzeigen ist es deutlich wahrscheinlicher, Aufmerksamkeit zu wecken und Bewerbungen zu erhalten.

Lesemagnete – Inhalte, die Ausbildungsinteressierte lesen möchten

Vielen Schülern und Schülerinnen fällt es schwer, sich (früh) auf so etwas wie einen Ausbildungsberuf oder Ausbildungsbetrieb festzulegen. Aber sie können umschreiben, was ihnen wichtig ist. Denjenigen, die sich eher für eine Ausbildung statt für ein Studium interessieren, sind vor allem angenehme Arbeitsbedingungen und ein Gefühl der Sicherheit wichtig.

  • Wohlfühlfaktoren sind für sie insbesondere abwechslungsreiche Tätigkeiten, nette Kollegen und erfüllende Arbeit. Sie möchten nicht zuviel Stress, eher geregelte Arbeitszeiten und arbeiten gerne im Team.
  • Sicherheit verbinden sie zum Beispiel mit hohen Übernahmechancen, einer angemessene Nähe zum Wohnort, einem guten Namen/Image des Ausbildungsbetriebs sowie mit einer gesicherten Betreuung durch einen Ausbilder, mit dem sie gut klarkommen. Das Thema Sicherheit ist ein zentrales Anliegen der aktuellen Jugend-Generation, gerade in den unsicheren Zeiten, wie wir sie aktuell erleben. Sie bezeichnen sich eher als bodenständig und bevorzugen unaufgeregte Lebensentwürfe in gesicherten und hergebrachten Bahnen (Regrounding).

Klischees? Nein, Studienergebnisse z.B. aus der McDonalds Ausbildungsstudie 2019 oder den Azubi-Recruiting Trends 2020. Und jetzt gilt es, genau das bei der Formulierung der Stellenanzeige im Blick zu haben. Und auch hier liefern Studien gute Ansatzpunkte.

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Beschreiben Sie den Ausbildungsberuf – das ist für 61% sehr wichtig

Eigentlich ist es nicht verwunderlich. Jugendliche, die bis dato in einer ganz anderen Lebenswelt unterwegs sind, haben keine klare Vorstellung davon, was sie so tagtäglich machen und was sie lernen werden, wozu ihre Tätigkeit einen Beitrag leistet und mit wem sie zu tun haben werden. Da geben auch Berufsbeschreibungen von Arbeitsagentur, Kammern oder Azubi-Portalen nur begrenzt und nur sehr abstrakt Einblick. Wie aber wird das in Ihrem Unternehmen mit Leben gefüllt? Das können nur Sie als Ausbildungsbetrieb für Ihre Produkt- und Servicewelt, Ihre Organisation und Kunden sagen. Und genau das möchten potenzielle Bewerber*innen wissen.

Daher haben Ausbildungsbetriebe die Nase vorne, die in ihren Anzeigen herüberbringen, wie der Job konkret bei ihnen aussieht. Sie machen deutlich, was Aufgaben im Tagesgeschäft und ggf. darüber hinaus sind. Sie erklären, warum man diese Aufgaben hat und mit wem man dabei zu tun hat. Und das tun sie anschaulich anhand von Beispielen und in einer für die Zielgruppe verständlichen Sprache. So nehmen sie die Abstraktion, lassen die Leser hinter die Kulissen schauen und ein Gefühl für sich entwickeln, ob ihnen das gefallen könnte und zu ihren Vorstellungen von “Wohlfühlen” passt.

Hier zwei Beispiele, wie man das umsetzen kann, statt Allgemeinplätze wie “Sie erledigen herausfordernde Aufgaben”, “haben abwechslungsreiche Tätigkeiten”, “organisieren den Büroalltag” oder “erhalten Einblicke in verschiedene technische Bereiche” zu verwenden. (Siehe noch detaillierter umgesetzt direkt online bei dm).

Stellenanzeige Drogerist DM
https://www.ausbildung.de/unternehmen/dm/stellen/ausbildung-drogist-w-m-d-2/702e3d04-4425-497b-97cd-3a23e9324642/, Screenshot am 27.08.2020 – Ausschnitt aus Anzeige

 

Stellenanzeige Fachinformatiker HSV
https://www.stepstone.de/stellenangebote–Azubi-m-w-d-Fachinformatiker-fuer-Systemintegration-Hamburg-HSV-Fussball-AG–6623571-inline.html?suid=d4cef3a5-aa6f-43fd-a1d3-86180ae83d01&rltr=98_23_25_dynrl_m_0_1_0_0; Screenshot vom 28.08.2020 – Ausschnitt aus Anzeige

Benennen Sie die Anforderungen an die Bewerber – das ist für 56,1% sehr wichtig

Auch für diesen Punkt gilt: werden Sie konkret. Leser möchten wissen, wie gut sie auf eine Stelle passen und wollen daher die Anforderungen mit ihren eigenen Kenntnissen und Fähigkeiten abgleichen können. Dabei interessieren sie aber keine langen Anforderungslisten mit persönlichen und sozialen Anforderungen, die weit interpretierbar sind. Sie möchten sich vielmehr vorstellen können, wofür man Teamfähigkeit braucht oder welche Art von Kommunikationsfähigkeit (mündlich, schriftlich, verständlich, argumentativ, extrovertiert …) denn gemeint ist – nur 2 von vielen Beispielen. Schauen Sie dazu nochmals auf die erste Anzeige oben oder hier

Stellenanzeige Ausschnitt Fachinformatiker HSV
https://www.stepstone.de/stellenangebote–Azubi-m-w-d-Fachinformatiker-fuer-Systemintegration-Hamburg-HSV-Fussball-AG–6623571-inline.html?suid=d4cef3a5-aa6f-43fd-a1d3-86180ae83d01&rltr=98_23_25_dynrl_m_0_1_0_0; Screenshot am 28.08.2020 – Ausschnitt aus Anzeige

Bleibt man bei den unkonkreten Nennungen, legt jede Person es für sich aus und wird es für sich als vorhanden abhaken. Das hilft aber keiner Seite weiter. Zumal Ergebnisse von Studien auch zeigen, dass das Selbstbild von Jugendlichen recht positiv ist und deutlich vom Fremdbild der Ausbilder abweicht. Je konkreter die Aussagen und Beispiel sind, desto eher haben Jugendliche die Möglichkeit sich selbst zu prüfen.

Sagen Sie etwas zu Perspektiven nach der Ausbildung – das finden 55,2% sehr wichtig

Damit befriedigen Sie einen Teil des o.g. Sicherheitswunsches von Schulabgängern mit Ausbildungsinteresse. Mit Blick auf Azubi-Stellenanzeigen tun sich viele Ausbildungsbetriebe in diesem Punkt schwer. Wenn sie überhaupt etwas dazu sagen, bleiben die meisten nebulös – man deutet mögliche oder vermeintlich gute Übernahmechancen an, manchmal unter Nennung ebenso dehnbarer Bedingungen wie einen “guten” Abschluss. Die, die den Unterschied machen, werden konkret.

Stellenanzeige Über uns GC-Gruppe
https://www.azubi.de/ausbildungsplatz/3287963-p-ausbildung-kaufmann-kauffrau-fuer-gross-und-aussenhandelsmanagement-m-w-d, Screenshot vom 27.08.2020 – Ausschnitt aus Anzeige

Wenn man aus Studien weiß, dass Branchen und Ausbildungsbetriebe dann attraktiv sind, wenn sie gute Zukunftsaussichten (für 76% wichtig) und sichere Arbeitsplätze (für 74% wichtig) bieten, und wenn man außerdem weiß, dass sich 73,3% der jungen Leute Gedanken darüber machen, ob es ihren Ausbildungsberuf in Zukunft überhaupt noch geben wird, dann kann man als Ausbildungsbetrieb genau an der Stelle mit Antworten punkten. Das gilt gerade auch für kleinere und mittlere Unternehmen.

Zeigen Sie also in Anzeigen zusätzlich zum Thema “Übernahme” Perspektiven auf – zu Weiterbildungsmöglichkeiten, zu Möglichkeiten der Verantwortungsübernahme, zu Wachstumsplänen oder zur längerfristigen Relevanz des Berufes z.B. auch in Zeiten von Digitalisierung.

Übrigens: Neben der Zielgruppe selbst, ist es gut, wenn Sie als Ausbildungsbetrieb insbesondere bei diesem Punkt auch die Eltern als weitere Zielgruppe im Auge haben.  Mehr über das Thema lesen Sie in unserem Blog Azubimarketing ist auch Elternmarketing. Seit Jahren zeigen Umfragen, dass Eltern und Familie sehr wichtige Austauschpartner für Schüler in der Berufsorientierung sind (apo Schülerbefragung 2020: für 86%). Der Sicherheitsaspekt ist auch für Eltern ein nicht zu unterschätzendes Argument für oder gegen einen Beruf und Ausbildungsbetrieb.

Interessenverstärker – über Hygienefaktoren, Bilder und Social Proofs

Hygienefaktoren

Auch wenn Arbeitszeit und Vergütung laut Umfragen für die meisten nicht die zentrale Rolle bei ihren Überlegungen zu einem Ausbildungsberuf spielen, für gut ein Drittel sind es durchaus relevante Faktoren und für die anderen sogenannte Hygienefaktoren. Denken Sie an den o.g. Hinweis zu dem Wunsch nach eher geregeltem Arbeiten und angemessenem Stress.

Und auch hier kann man nur gebetsmühlenartig sagen: Werden Sie konkret. Sprechen Sie statt von angemessener, attraktiver oder Tarif-Vergütung von konkreten Zahlen oder zumindest Dimensionen. Denn was angemessen oder attraktiv ist, ist schließlich Ansichtssache. Sprechen Sie nicht einfach nur von interessanten Zusatzleistungen, sondern benennen Sie diese (siehe Beispiel unten). Und verzichten Sie auf Faktoren, die als selbstverständlich vorausgesetzt werden: z.B. einen EDV-Arbeitsplatz in einem kaufmännischen Beruf.

 

Stellenanzeige Ausschnitt Mitarbeiter-Benefits HARIBO
https://www.azubi.de/ausbildungsplatz/3455534-p-ausbildung-elektroniker-fuer-betriebstechnik-m-w-d, Screenshot am 28.08.2020 – Ausschnitt aus Anzeige

Zusätzlich gibt es noch ein paar ergänzende Hygienefaktoren, die Sie – falls vorhanden – nennen sollten. Sie sind zwar im Vergleich nicht so sehr entscheidungsrelevant, aber als Add-on haben sie einen Wert:

  • Gesundheitsförderung: für 43,2% ist der Aspekt durchaus neben den o.g. Fakoren ein Auswahlkriterium
  • Angebot eines Auslandsaufenthaltes in der Ausbildungszeit: für nur 4% der Ausbildungsinteressierten, aber für 18% der dualen Studienbewerber ein wichtiges Auswahlkriterium
  • Ausführliche Einzel-Feedbacks während der Ausbildung: 77,9% wünschen sich diese als hilfreiche und motivierende Maßnahme; 69,9% erhalten nie oder sehr selten ein solches Feedback
  • digitale Lernangebote: diese finden 74,1% der jungen Leute gut
  • Klimaschutz/Nachhaltigkeit: 56,4% sehen das als wichtiges Thema an; für nur 13,3% ist es ein wichtiger Aspekt bei der Wahl des Ausbildungsplatzes
  • Soziales Engagement: ist für 10,9% wichtig bei der Auswahl eines Ausbildungsplatzes

Hier ein Ausbildungsbetrieb, der viele Aspekte zum Thema Sicherheit und Interessensverstärker umgesetzt hat.

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https://www.stepstone.de/stellenangebote–Auszubildende-r-zur-Pflegefachfrau-zum-Pflegefachmann-m-w-d-Hamburg-Eilbek-Schoen-Klinik-Hamburg-Eilbek–4374133-inline.html?suid=d4cef3a5-aa6f-43fd-a1d3-86180ae83d01&rltr=197_22_25_dynrl_m_0_0_0_0; Screenshot am 28.08.2020 – Ausschnitt aus Anzeige

Und wenn Sie jetzt sagen: Schön und gut, aber das alles haben wir nicht. Dann lesen Sie mal den Blogartikel “Alles für die Katz – was haben wir als Arbeitgeber schon zu bieten“.

Bilder und Social Proofs

Zum Blick hinter die Kulissen gehören nicht nur Beschreibungen, sondern auch visuelle Eindrücke. Nutzen Sie als Ausbildungsbetrieb die Chance, über Fotos in Stellenanzeigen Nähe herzustellen. Ausbildungsplatz-Interessenten möchten auch gerne wissen, mit wem sie es in der Ausbildung zu tun haben. Stellen Sie daher in den Anzeigenfotos möglichst echte Auszubildende vor; ebenso interessant sind Ausbilder, beides gerne auch bei Einverständnis mit Name und ggf. ein paar ergänzende Daten (für welchen Beruf, wie lange im Unternehmen oder Ausbilder…). Zeigen Sie diese Personen z.B. in Ausbildungssituationen, oder damals als Azubi/heute als Fachkraft oder mal im Betrieb/mal privat. Hier kann man viele kreative Ideen haben. Wichtig ist, dass die Fotos nicht gestellt, sondern authentisch wirken.

Und sollten Sie einen Azubi-Blog haben oder über Ausbildung in Social Media posten, verlinken Sie das in der Anzeige. Denn so eröffnen Sie Möglichkeiten, das von Ihnen in der Anzeige gesagte zu überprüfen.

Aktivitätenverstärker

Sie posten ja nicht einfach nur Anzeigen, weil es so schön ist, sondern weil Sie die Leser zu etwas bewegen möchten – z.B. an einer (virtuellen) Messe oder einem entsprechenden Bewerbertag teilzunehmen oder eine Bewerbung zu versenden. Das können Sie mit einem sogenannten Call to Action, einer Aufforderung zur Aktivität, verstärken.

Auch hier ist immer wieder zu sehen, dass dies von Unternehmen vernachlässigt wird. Geben Sie zögerlichen Kandidaten einen letzten kleinen Schups. Umsetzungmöglichkeiten gibt es viele: ein klare Aufforderung, etwas zu tun (Bewerbe dich jetzt gleich), die Formulierung einer Freude Ihrerseits  (Wir freuen uns auf deine Bewerbung) oder ein Verdeutlichen der Folgen des Nicht-Handelns (Verpasse diese Chance nicht).

Beziehungspfleger

Und last but not least gehört ein Ansprechpartner in jede Anzeige. Ob Ausbildungsreferent und/oder Ausbilder – alle drei Optionen sind denkbar. Aber leider wird das gerne mal vergessen. Ein Bild von der Person und/oder Zusatzinformationen wie die Funktion schafft mehr persönliche Nähe und ermuntert zur Bewerbung oder Nachfrage. Apropos Nachfrage: Kontaktdaten wie Rufnummer und E-Mailadresse sind ebenso wichtig.

Los geht´s

Man muss kein “Rundherum-Junge-Leute-Bewerberversteher” sein und auch nicht alles hier genannte umsetzen, aber man kann mit etwas mehr Blick in Studien und Schlussfolgerungen daraus, viel für die Gewinnung von Auszubildenden tun. Das gilt für Stellenanzeigen, Azubi-Internetseite, Recruiting-Kanäle, Portaleinträge …. Wenn dieser Blogbeitrag dazu nochmals etwas anregt, dass ein paar mehr Ausbildungsbetriebe nicht nur Ausbildungsplätze ausschreiben, sondern potenzielle Kandidaten ansprechen – gut so.

Aufbau Stellenanzeige

* Auch wenn wir zu Gunsten der Lesbarkeit auf die gleichzeitige Nutzung aller Genderformen verzichten, meinen wir immer alle Geschlechter.

Ruth Böck
Ruth Böck
Hallo, ich bin einer der Köpfe von upo - Bausteine für Rekrutierungserfolg. Als #RecruitingStarkMacher unterstützen wir Recruiter, mit einem echt starken Recruiting einen erlebbaren Unterschied zu machen. Und so mehr Rekrutierungserfolg zu erzielen. Außerdem bin ich Initiatorin und Mitmacherin dieses Fachportals Rekrutierungserfolg.de. Wenn dir meine Beiträge gefallen, dann trage dich hier gerne für unser upo Magazin mit Tipps & Hinweisen für #RecruitingStarkMacher ein.