Ghosting, Hürden, Bauchgefühl im Azubi-Recruiting – die Azubi-Recruiting Trends 2025

Die Azubi-Recruiting Trends 2025: Ghosting, Hürden, Bauchgefühl

Erstmals seit über zehn Jahren bricht der Azubi-Kandidatenmarkt ein: Nur noch 41,7 % der Bewerbenden erhalten mehrere Ausbildungsangebote – so wenig wie zuletzt 2014. Das ist das Ergebnis der Studie Azubi-Recruiting Trends 2025 von u-form Testsysteme. Die Situation könnten Ausbildungsbetriebe eigentlich für sich nutzen, doch stehen dem Defizite in den Recruiting- und Auswahlprozessen im Weg.

An der Online-Umfrage zur Studie haben in diesem Jahr 5.482 Schüler*innen, Azubis und dual Studierende sowie 1.621 Ausbildungsverantwortliche teilgenommen. Seit 2014 hat u-form Testsysteme Azubi-Bewerbende immer wieder danach gefragt, wie viele Ausbildungsangebote sie erhalten haben. Bei der ersten Messung lag der Anteil der Bewerbenden mit mindestens zwei Angeboten bei 41,7 %, der Höchststand wurde 2019 mit 73,1 % erreicht. Bei der aktuellen Ausgabe der Studie fällt diese Zahl wieder auf 41,7 % zurück und liegt damit erstmalig seit elf Jahren wieder bei unter 50,0 %. Die Mehrheit kann sich also aktuell die eigene Ausbildung nicht mehr unter verschiedenen Angeboten aussuchen.

Azubi-Recruiting Trends 2025 Teil 1 Infografik
Bildrechte: u-form Testsysteme GmbH & Co KG

Ghosting durch Ausbildungsbetriebe

Trotz langer Jahre eines engen Kandidatenmarkts ist das Azubi-Recruiting immer noch nicht durchgehend kandidatenfreundlich. 60,0 % der Bewerbenden haben schon einmal keine Antwort auf ihre Bewerbung erhalten. „Nicht gut, als wäre man nicht mal die paar Sätze einer Standardabsage wert“, beschreibt ein Teilnehmer diese Erfahrung und ein anderer: „In Anbetracht der Marktlage ist es komisch, da viele Betriebe über Kräftemangel klagen, jedoch Leuten nicht geantwortet wird. Auf Dauer fühlt man sich minderwertig und so, als ob man nicht gebraucht wird.“

Unnötige Hürden im Auswahlverfahren

Ausbildungsbetriebe legen ihren Azubis Steine bei der Bewerbung in den Weg: Nur 54,3 % der Ausbildungsverantwortlichen geben zum Beispiel an, ihr Prozess sei registrierungsfrei, nur 31,5 % verzichten auf ein Anschreiben, bei 37,6 % funktioniert der Prozess nicht mit dem Smartphone.

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Eignungsdiagnostische Fragezeichen

Zudem stecken die Auswahlverfahren voller eignungsdiagnostischer Fragezeichen: 49,4 % der Ausbildungsunternehmen verfügen über keine schriftlich definierten Anforderungsprofile, der mit 65,4 % am häufigsten genannte Grund für die Ablehnung von Bewerbenden ist „Fehlendes Wissen über den Ausbildungsberuf“. Generisch formulierte Soft Skills erfreuen sich in Azubi-Anzeigen nach wie vor großer Beliebtheit, allen voran die „Teamfähigkeit“ (80,3 %). Solche Anforderungen sind kaum in der Vorauswahl anhand schriftlicher Bewerbungen überprüfbar.

Ideale Situation, um geeignete Azubis zu gewinnen

„Erstmals seit vielen Jahren scheint der Trend zum Kandidatenmarkt im Azubi-Recruiting gebrochen. Diese aktuelle Situation ist grundsätzlich für Ausbildungsbetriebe ideal, um geeignete Azubis für sich zu gewinnen. Dazu müssen sie allerdings ihre Auswahlverfahren modernisieren,“ sagt Felicia Ullrich von u-form Testsysteme. Die Initiatorin der Studie und zertifizierte Eignungsdiagnostikerin ergänzt: „Wer heute auf das eigene Bauchgefühl setzt, riskiert morgen den Fachkräftemangel im eigenen Haus.“

Image der Ausbildungsberufe: Gewinner und Verlierer

Im Hinblick auf das Image einzelner Ausbildungsberufe gibt es einige Gewinner und Verlierer. Das zeigt ein Vergleich zur Studie aus dem Jahr 2018 (addierte Anteile unter Azubis und Schüler*innen mit „sehr hohem“ und „hohem Ansehen“). An Image gewonnen haben zum Beispiel „Kranken-/Altenpfleger*in“ (+16,9 %) und „Elektriker*in“ (+16,7 %). Imageverluste erleiden dagegen „Kaufmann/-frau für Büromanagement“ (-7,2 %) und Mediengestalter*in (-6,9 %). Unangefochten auf Platz 1 der 15 abgefragten Berufe bleibt Fachinformatiker*in – mit einem nochmaligen Imageplus von 9,3 %.

Berufsorientierung: „keine leichte Entscheidung“

Die Berufsorientierung stellt für einen Großteil der Azubi-Bewerber nach wie vor eine große Hürde beim Übergang in die Erwerbstätigkeit dar. Ein Azubi-Teilnehmer fasst die Herausforderung so zusammen: „Es ist keine leichte Entscheidung, da der Schulalltag nun mal zehn Jahre lang den gleichen Ablauf hatte. Man musste sich selten bis gar nicht selbst um Dinge kümmern. Dementsprechend ist es nicht einfach, von jetzt auf gleich zu wissen, in welchem Beruf man für den Rest seines Lebens arbeiten möchte.“ Beim Thema Berufsorientierung sehen Ausbildungsverantwortliche weniger sich selbst als vor allem Schule, Eltern und die Jugendlichen in der Pflicht.

Die ausführlichen Studienergebnisse Teil 1 stehen in Kürze bereit unter https://www.testsysteme.de/studie.