Ein Viertel würden auch ohne neuen Job kündigen

Das Halten und die Integration von neu eingestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist nach Ansicht von 93 Prozent durch die Talent- und Organisationsberatung Korn Ferry befragten Fach- und mittleren Führungskräften schwierig. 45 Prozent halten dies sogar für sehr schwierig. 29 Prozent schätzen, dass in sechs Monaten jeder Fünfte das Unternehmen wieder verlässt. 15 Prozent sehen fast jeden Dritten wieder gehen. Ein Viertel würde bei ausgeprägter Unzufriedenheit den Job hinschmeißen, auch ohne einen neuen in der Tasche zu haben. An der Untersuchung haben 361 Personen teilgenommen.

  • Häufiger Kündigungsgrund: Hohe Abweichung der neuen Rolle von denen im Auswahlprozess aufgebauten Erwartungen (44 Prozent)
  • Trotz hoher Bezahlung würden 82 Prozent der Befragten bei Unzufriedenheit einen neuen Job suchen
  • Die Mehrheit wünscht sich einen Job, der fordert und zugleich persönlich erfüllend ist – Geld ist dennoch mehr als Hygienefaktor

"Unsere Ökonomen im Korn Ferry Institute haben in ihrer Studie ‘The Talent Crunch’ zuletzt eine Personallücke von knapp 85 Millionen Menschen bis zum Jahr 2030 weltweit errechnet", sagt Carsten Schaefer, Spezialist für die Rekrutierung von Fach- und Führungskräften bei Korn Ferry. "Schon heute ist bei nahezu Vollbeschäftigung der Arbeitsmarkt ein Arbeitnehmermarkt. Unternehmen tun sich schwer, geeignete Kandidaten zu gewinnen. Haben sie erst eine Unterschrift unter dem Vertrag, ist es von immenser Wichtigkeit, ihre neu eingestellten Talente auch zu halten. Jede Kündigung in der Probezeit ist ein unmittelbarer finanzieller Schaden für den Arbeitgeber."

Top-Grund für Kündigung: Position unterscheidet sich in der Realität deutlich zur beschriebenen Funktion im Bewerbungsprozess

Der wichtigste Grund für eine frühzeitige Kündigung ist die Ernüchterung hinsichtlich des neuen Jobs nach dem Auswahlprozess. 44 Prozent der Teilnehmer haben angegeben, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor allem dann die Notbremse ziehen, wenn ihre neue Rolle zu sehr von den Erwartungen abweicht. 17 Prozent nennen einen grundsätzlichen Unterschied zwischen Arbeitgeberbild und Arbeitgeberrealität als Kündigungsgrund. 14 Prozent kündigen, weil sie bereits in den ersten sechs Monaten zu erkennen glauben, sich in der neuen Rolle nicht weiter entwickeln zu können.

"Es ist verständlich und legitim, dass Unternehmen mögliche Kandidatinnen und Kandidaten heute gekonnt umwerben", sagt Carsten Schaefer. "Allerdings sollten sie aufpassen, das Bild nicht zu weit weg von der Wirklichkeit zu zeichnen. Rosiges Ausschmücken in Worten von vermeintlichen Zumutungen kann zwar zur Unterschrift führen. Verrückt aber den Erwartungshorizont und schlägt sich damit bei faktischer Wahrnehmung im Arbeitsalltag in besonderer Enttäuschung nieder. Wir raten Unternehmen sich so authentisch wie möglich zu präsentieren. Ähnlich wie ihre Bewerber gibt es das perfekte Unternehmen ohne Ecken und Kanten nicht. Das Entscheidende im Auswahlprozess ist es, die Kandidatinnen und Kandidaten zu finden, die zu diesen Ecken und Kanten passen."

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Ein Viertel kündigt auch ohne neuen Job in der Tasche

Enttäuschte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fackeln heute nicht lange. Ein Viertel (26 Prozent) der Befragten hat angegeben, auch ohne einen neuen Job zu kündigen, wenn die Unzufriedenheit zu groß ist. Wenn der Job gut bezahlt ist, würden das allerdings nur noch drei Prozent tun. Immerhin 82 Prozent würden so lange bleiben, bis sie einen neuen Vertrag unterschrieben haben.

Carsten Schaefer sagt: "Dass diese Mitarbeiter aber nicht voll bei der Sache sind, liegt auf der Hand. Die Bezahlung hält sie davon ab, sofort zu gehen. Zwar wickeln sie ihre Aufgaben im Tagesgeschäft ab. In Wirklichkeit sind sie aber vor allem damit beschäftigt, ihren Abgang fortwährend vorzubereiten. Sie werden ihr Potenzial nicht entfalten. Eine Strategie der überhöhten Bezahlung bei gleichzeitiger Frustration kann höchstens übergangsweise funktionieren, um zum Beispiel Spitzen abzubauen."

Herausforderung und Erfüllung wichtigste Gründe, um einem Arbeitgeber treu zu sein

Und so sagen auch nur neun Prozent, dass ihr Arbeitgeber sie vor allem mit Vergütung bei der Stange halten kann. Die deutliche Mehrheit, 70 Prozent, wünschen sich vor allem einen Job, der sie zugleich herausfordert als auch erfüllt und bereichert. 16 Prozent halten den persönlichen Entwicklungspfad für das wichtigste Kriterium bei ihrem neuen Arbeitgeber zu bleiben.

"Sinn und persönliches Wachsen stellen gerade in den westlichen Wohlstandsgesellschaften das reine Geldverdienen in den Schatten", sagt Carsten Schaefer. "Arbeit nimmt in der Gegenwart einen beträchtlichen Teil des Lebens ein. Sind die Menschen damals früh aufgestanden, weil dies gottgefällig war, tun sie es heute, um sich im Job zu verwirklichen. Ob man das nun gut findet oder nicht: Die Arbeit ist momentan die wohl wichtigste Identifikationsfigur zur Einordnung in der Gesellschaft. Das sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Geld auch heute mehr ist als der vielfach zitierte Hygienefaktor. Wer gute Mitarbeiter sucht und halten möchte, muss diese auch gut bezahlen. Ansonsten suchen sie schnell den Weg zu einem anderen Arbeitgeber, in der Hoffnung beides zu finden: Sinn und Geld."

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