Medizininformatik – neuer Fachkräftemangel im Gesundheitswesen?

Fachkräfte für Medizininformatik gesucht
© upo

Medizininformatik ist ein spannender Bereich. Auf der einen Seite die Informatik: ein Bereich, der wie kein anderer das Trendthema Digitalisierung bestimmt und treibt. Auf der anderen Seite die Medizin: ein für die Menschheit essentieller Bereich. Nicht nur angesichts der immer mehr Menschen auf diesem Planeten. Sondern auch hinsichtlich der zumindest bei uns alternden Gesellschaft, in der wir gerne immer älter werden wollen und das natürlich bei möglichst guter Gesundheit oder, wenn das nicht klappt, bei bester medizinischer Versorgung. Und in diesem spannenden Feld zwischen Digitalisierung und Sicherstellung der Gesundheit sitzen sie – die Medizininformatiker.

Medizininformatiker kümmern sich um die automatisierte Verarbeitung von Daten im Gesundheitswesen. Das fängt an bei Adressdaten, Abrechnungsdaten und führt über differenzierte Befunddaten bis hin zu Massendaten im Rahmen von medizinischen Studien. Zu ihren Aufgaben gehören auch die Optimierung der Datenflüsse und die Vernetzung der verschiedenen Systeme, seien es Medizingeräte oder Verwaltungssysteme. Dass es dabei um Verarbeitung hochsensibler Informationen geht und neben fundiertem IT-Wissen auch Know-how im medizinischen, medizinisch-technischen Bereich und hinsichtlich der besonderen Abläufe und Zusammenhänge im Gesundheitsapparat gebraucht wird, dürfte nachvollziehbar sein. Einen lesenswerten Einblick in das Berufsbild findet sich auf audimax.de. Moderne Medizin ist demnach ohne den Einsatz von Medizininformatikern nicht mehr möglich.

Inzwischen ist es ja bereits üblich, beim Gespräch über das Gesundheitswesen sofort auf das Thema fehlender Fachkräfte zu kommen. Dabei ist aber meist die Rede von fehlenden Krankenhausärzten und fehlendem Pflegepersonal. Aber wie sieht der Markt für spezifisch ausgerichtete ITler für das Gesundheitswesen aus?

Das Besondere an der Medizininformatik

Ein Studium zur Medizinischen Informatik wird nicht allzu häufig angeboten. Das Portal studieren-studium.com listet ganze 15 Bachelor- und 12 Masterstudiengänge in Deutschland. Zum Vergleich: Bei der Wirtschaftsinformatik sind es 173 Bachelor- und 85 Masterstudiengänge. Entsprechend eng ist das Angebot auf Kandidatenseite.

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Auf der Nachfrageseite stehen nicht nur Krankenhäuser und andere Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen, sondern auch deren Zulieferer im Wettbewerb. Insbesondere bei Unternehmen der Medizintechnik und bei Softwareschmieden, die mit ihren Produkten die Organisation und Administration in Praxen und Klinken unterstützen, ist das Know-how der Medizininformatiker gefragt. Gegen diese Konkurrenz müssen sich Krankenhäuser behaupten.

Denn der digitale Wandel wird auch für die Krankenhäuser ein immer drängenderes Thema. Und um den digitalen Wandel zu meistern, braucht es gerade auch den interdisziplinären Sachverstand der Medizininformatiker.

Aktuell hat aber nur jedes dritte Krankenhaus Stellen mit Medizininformatikern besetzt. 10% der Krankenhäuser wiederum konnten entsprechende Stellen nicht besetzen, da Bewerber nicht entsprechend qualifiziert waren (s. Pressemitteilung).

Aufgrund der zunehmenden Vernetzung von Diagnostik und Therapie mit technischen Equipment und der damit verbundenen IT bleiben in vielen Krankenhäusern deshalb medizinische wie auch wirtschaftliche Potenziale noch häufig ungenutzt. Denn gerade mit der in der Medizininformatik vermittelten Gesamtsicht auf Medizin, Technik und Prozesse können solche Potenziale erschlossen werden. Man kann daher davon ausgehen, dass Krankenhäuser zunehmend solche Stellen schaffen und entsprechende Mitarbeiter suchen werden.

Initiative für mehr qualifizierten IT-Nachwuchs in der Gesundheitswirtschaft

Die IT-Branche hat auf die Situation reagiert und bereits 2012 die INIT-G aus der Taufe gehoben. INIT-G steht für “Initiative für qualifizierten IT-Nachwuchs in der Gesundheitswirtschaft“. Die beteiligten Verbände zielen darauf ab:

  • die Perspektiven von Jobs in der Medizininformatik bekannter zu machen
  • die Attraktivität der Arbeitsplätze von Medizininformatikern zu steigern
  • die Zahl der qualifizierten Fachkräfte in der Medizininformatik zu erhöhen

U.a. sind an dieser Initiative der Berufsverband Medizinischer Informatiker und die Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie GMDS und der Bundesverband Gesundheits-IT beteiligt. Diese drei kooperieren auch mit der Messe Berlin bei der Gestaltung der conhIT (connecting Healthcare IT). Die conhIT ist eine 3-tägige Messe, die gerade zu Ende gegangen ist. Ein Tag stand dabei auch im Zeichen der Karriere mit einem Karriere-Workshop, einem Speed-Networking und der Verleihung des comhIT-Nachwuchspreises.

Solche Events sind natürlich sehr gut geeignet, das Berufsbild des Medizininformatikers zu stärken und mehr Öffentlichkeit für diese immer wichtiger werdende Profession zu schaffen.

Wettbewerbsposition der Krankenhäuser

Im Wettbewerb um qualifizierte Medizininformatiker müssen sich Krankenhäuser ganz besonders bemühen. Die Konkurrenz durch IT-Unternehmen dürfte dabei besonders schwer wiegen. Denn im direkten Vergleich haben diese bei den Bewerbern schnell die Nase vorn. Krankenhäuser sind eben nicht für schlanke Strukturen, flexible Organisationsformen oder hohe Vergütung, flexible Arbeitszeitmodelle und ähnliches bekannt. Zugegeben, die Rahmenbedingungen hier deutlich zu ändern, wird schwer bis unmöglich sein. Schließlich sind viele Parameter durch die Aufgabenstellung und den externen Rahmen gesetzt. Umso wichtiger ist es, kein Potenzial zur Gewinnung entsprechender IT-Fachkräfte zu verschenken.

Schon die Sichtung von Karrierewebseiten von Krankenhäusern zeigt: Medizininformatiker werden als wichtige Bewerber-Zielgruppe noch nicht ausreichend explizit angesprochen. Möglicherweise lässt ihnen die typische funktionale Trennung in Ärzte, Pflegekräfte, Funktionsdienst, Hauswirtschaft und Verwaltung (hier findet sich i.d.R. auch IT) auch keinen Platz. Diese Vernachlässigung führt auch dann zu wenig Beschreibungen des Berufbilds, wenn zu anderen Zielgruppen Berichte von Mitarbeitern und Beschreibungen zum Arbeitsalltag vorhanden sind.

Wir haben 2015 das Online Recruiting von mehr als 60 Krankenhäusern verschiedener Größenklassen systematisch ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass Krankenhäuser gerade auch im Vergleich zu IT-Firmen deutliche Schwächen im Online Recruiting zeigen (Einen ausführlicheren Vergleich haben wir in diesem Beitrag angestellt). Das ist schon von Nachteil bei den intensiv umworbenen Ärzten und Pflegekräften, bei IT-lern mit einer berufsbedingt stark ausgeprägten Web-Affinität zählt das Defizit im Online Recruiting jedoch doppelt.

Gilt also gerade für Krankenhäuser – Online Recruiting verbessern

Natürlich sind die zahlenmäßig und für das direkte Leistungsangebot wichtigen Berufsgruppen in Medizin und Pflege für Krankenhäuser von immenser Relevanz. Da könnte der ein oder andere auf die Idee kommen, dass Medzininformatiker eben nur ein kleines Randthema sind. Für den digitalen Wandel werden sie aber in Einrichtungen im Gesundheitswesen Schlüsselrollen übernehmen. Damit macht es Sinn, auch diese Berufsgruppe gezielter anzusprechen. Dazu gehört das Schärfen des Stellenprofils, eine attraktive Präsentation des speziellen Berufsbilds auf der Karriereseite und ein auf die Zielgruppe IT/ Medizininformatik abgestimmtes Bewerbungsverfahren.

Um bei der Weiterentwicklung des Recruitings mit einer entsprechenden Zielgruppenorientierung die richtigen Stellschrauben zu finden, ist zunächst eine Bestandsaufnahme hilfreich. Darin zeigt sich schnell und mit  überschaubarem Aufwand, wo Handlungsbedarf ist und welche Verbesserungen vorgenommen werden sollten.

Mit standardisierten Checks wie dem upo Recruiting Check können schnell und treffsicher die richtigen Maßnahmen angegangen werden. Und damit können sich auch Krankenhäuser im Wettbewerb um Fachkräfte wie Medizininformatiker besser wappnen.

* Auch wenn wir zu Gunsten der Lesbarkeit auf die gleichzeitige Nutzung aller Genderformen verzichten, meinen wir immer alle Geschlechter.

Karl-Heinrich Bruckschen
Karl-Heinrich Bruckschen
... unterstützt mit upo - Bausteine für Rekrutierungserfolg Arbeitgeber bei der Professionalisierung ihres Recruitings durch Recruiting Checks und Beratung, Konzeption von Recruiting Instrumenten, operative Recruiting Services (RPO) oder den Ausbau von Recruiting Kompetenz durch Webinare, Seminare und Workshops. Sein besonderes Augenmerk liegt auf der Verbindung von IT und Recruiting. Daher ist er auch verantwortlich für das Fachportal Rekrutierungserfolg.de.