Worauf wir Studien- und Umfrageergebnisse im Recruiting kritisch beleuchten sollten

Quelle: Umfragen © upo
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Die Recherche in News, Blogs oder Fachzeitschriften nach Zahlen, Daten, Fakten für strategische Entscheidungen im Recruiting lässt einen auf eine wahre Flut von Studien und Umfragen stoßen. Doch deren Qualität ist sehr unterschiedlich.

Forschungseinrichtungen, von Unternehmen beauftragte Lehrstühle, Unternehmensberatungen, Produkt- und Dienstleistungsanbieter im Recruiting – alle haben die Kraft der Zahlen für sich entdeckt und versorgen den Markt mit Schlagzeilen. Die Zahlen und Daten werden gerne und schnell verbreitet – in Blog-Beiträgen, Webinaren und Vorträgen oder zur direkten Verkaufsargumentation. Gut vernetzte Organisatoren solcher Studien lösen auch (zeitweise) mehr oder weniger große Hypes aus. Im Recruiting-Management werden diese Zahlen gerne genommen, um neue Akzente zu setzen oder die Durchsetzung eigener Konzepte mit vermeintlich harten Fakten zu untermauern.

Zu wenig Reflexion von Studienergebnissen

Bei etwas genauerem Hinschauen fällt ein völlig unkritischer Umgang mit den Daten auf. Oft bleibt unklar, wie und durch wen die Ergebnisse überhaupt ermittelt wurden und wie repräsentativ sie sind. Trotzdem veröffentlichen Verlags-/Onlineredaktionen Pressemitteilungen dazu gerne und Webniar-/Vortragsangebote der Autoren werden dankend angenommen.  Und nur selten stößt man bei Vorträgen/Webinaren, in Interviews mit den Organisatoren oder in Kommentaren zu Blog- oder Foren-Beiträgen zu den Studien auf kritische Anmerkungen oder Nachfragen.

Beispiele zum Aufhorchen

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  • Natürlich macht es großen Eindruck, wenn z.B. 10.000 Personaler befragt wurden. Wenn die Ergebnisse jedoch auf etwa 500 Antworten zurückgehen, dann sind sie schon anderes einzuordnen.
  • Wenn die Teilnehmer zu einer Befragung zum Einsatz von Social Media im Recruiting überwiegend über Blogs und Foren in sozialen Netzwerken gewonnen werden, dürfte deren höhere Affinität zur Social Media-Nutzung zu anderen Ergebnissen führen als wenn die Teilnehmer über andere Wege gewonnen worden wären.
  • Wenn ein Testanbieter Studienergebnisse präsentiert, die eine hohe Prognosekraft von Testverfahren für Berufserfolg haben, dann ist dies sicher anders zu bewerten, als wenn eine unabhängige Institution die Güte verschiedener Auswahlmethoden untersucht.
  • Und wenn eine Umfrage ermittelt, dass 68% der Bewerber dies oder das  wollen, dann ist die Aussage anders einzuordenen je nachdem, ob 100 oder 1.000 Bewerber befragt wurden und ob die Befragten Schüler, Absolventen oder Best-Ager, Produktionsarbeiter oder Führungskräfte waren.

Mehr Qualität einfordern für bessere Entscheidungsgrundlagen

Diese Liste könnte beliebig fortgesetzt werden. Wichtig für strategische Entscheidungen im Recruiting-Management sind substantiell gute Datengrundlagen. Studien und Umfragen sind als Grundlage klasse! Aber nur, wenn die Organisatoren der Studien/Befragungen sich bei der Erhebung an Grundsätze empirischer Datenerhebung halten und die Ergebnisse entsprechend präsentieren. Damit dies geschieht, sollten die Multiplikatoren und Nutzer der Daten die gelieferten Informationen deutlich kritischer betrachten und öffentlich hinterfragen. Wenn wir als Organisatoren wie als Nutzer von Studien/Befragungen mehr Wert auf Qualität legen, haben wir vielleicht etwas weniger, dafür aber fundierteres Datenmaterial und damit deutlich tragfähigere Entscheidungsgrundlagen. Hier eine nicht vollständige, aber zur ersten Einordnung hilfreiche Checkliste für die nächsten Studien/Umfrageergebnisse.

Ausgewählte Prüfkriterien zur Einordnung der Qualität von Studien/Befragungen

  1. Wer genau wurde befragt?
  2. Wie viele Personen/Unternehmen/Institutionen wurden befragt?
  3. Wie viele von den Befragten haben geantwortet?
  4. Wie ist der Kreis der Antwortenden zusammengesetzt und wie sehr ist das ein Abbild der Realität?
  5. Wann wurde die Untersuchung durchgeführt?
  6. Auf welchen Zeitraum bezogen sich die Fragen?
  7. Wer hat die Studie durchgeführt bzw. beauftragt und welche Interessen hat derjenige an den Ergebnissen?
  8. Welche Fragen wurden gestellt und wie waren diese formuliert?
  9. Welche Antwortalternativen gab es und wie umfassend, verständlich und trennscharf waren diese?
  10. Ist die Ergebnispräsentation in Tabellen und Abbildungen hinreichend erklärt, z.B. Achsenbeschriftungen, Skalen, Legenden, Erklärung zu verwendeten statistischen Werten?

* Auch wenn wir zu Gunsten der Lesbarkeit auf die gleichzeitige Nutzung aller Genderformen verzichten, meinen wir immer alle Geschlechter.

Ruth Böck
Ruth Böck
Hallo, ich bin einer der Köpfe von upo - Bausteine für Rekrutierungserfolg. Als #RecruitingStarkMacher unterstützen wir Recruiter, mit einem echt starken Recruiting einen erlebbaren Unterschied zu machen. Und so mehr Rekrutierungserfolg zu erzielen. Außerdem bin ich Initiatorin und Mitmacherin dieses Fachportals Rekrutierungserfolg.de. Wenn dir meine Beiträge gefallen, dann trage dich hier gerne für unser upo Magazin mit Tipps & Hinweisen für #RecruitingStarkMacher ein.