Häufige Fehler beim Führen von telefonischen Bewerberinterviews vermeiden

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“Den ruf ich mal eben an, stell ihm ein paar Fragen und seh mal wie er darauf reagiert.” So oder ähnlich wird häufig vorgegangen und ein Telefoninterview mit Bewerbern geführt. Im Ergebnis sind viele Interviewer hinterher nicht viel schlauer oder entscheiden nach Bauchgefühl mit einer hohen Wahrscheinlichkeit der Fehlentscheidung. Dabei können professionell geführte Telefoninterinterviews durchaus eine sehr kostengünstige, zeitnahe und valide Methode einer ersten Bewerbervorauswahl sein und zum Candidate-Relationship-Management beitragen – vorausgesetzt man beachtet ein paar Hinweise zur Vorbereitung, Durchführung und Bewertung.

Generell gilt:

Verfolgen Sie nicht nur Ihre eigenen Informationsziele, sondern denken Sie stets daran: auch ein Telefoninterview ist eine Personalmarketing-Situation. Agieren Sie offen, fair und wertschätzend, dann sammeln Sie auch Pluspunkte beim Bewerber. Und selbst, wenn Sie nach dem Telefoninterview die rote Karte ziehen, der Bewerber behält einen positiven Eindruck und das tut Ihrem Arbeitgeberimage gut.

Gut vorbereitet starten

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  1. Vereinbaren Sie vorab einen Termin für das Telefoninterview.
    Geben Sie dem Bewerber die Chance, sich auf das Telefoninterview einzustellen, von einem ruhigen Ort aus zu telefonieren und ausreichend Zeit einzuplanen. So vermeiden Sie unvorbereitete und gehetzte Bewerber an der Supermarktkasse oder im Wartezimmer beim Arzt und können offenere Gespräche führen. Es schadet auch nicht, den Bewerber grob über die geplanten Gesprächsinhalte zu informieren.
  2. Takten Sie die Termine für Telefoninterviews nicht zu eng hintereinander.
    Nehmen Sie sich vor jedem Interview ausreichend Zeit, sich die Unterlagen des Bewerbers sorgfältig anzusehen. So können Sie dem Bewerber im Gespräch zeigen, dass Sie sich bereits gut informiert haben. Es ist sinnvoll, nicht mehr als 3 Interviews direkt hintereinander zu führen, da sonst leicht die Konzentration nachlässt und Informationen sich vermischen – ein gut zuhörender Bewerber merkt dies.
  3. Klären Sie ab, unter welcher Nummer der Bewerber erreichbar ist.
    Lassen Sie sich idealerweise eine Festnetznummer geben. Bei Verbindungen über das Mobilfunknetz kommt es immer wieder mal zu Rauschen und Funklöchern. Dies kann beide Gesprächspartner irritieren und Auslöser für Missverständnisse oder sich gegenseitig ins Wort fallen sein.
  4. Überlegen Sie im Vorfeld, was Sie erfahren und welche Anforderungen Sie überprüfen wollen.
    Bereiten Sie einen schriftlichen Fragenkatalog vor, den Sie bei jedem Bewerber anwenden. Ein solcher Katalog dient Ihnen nicht nur als Leitfaden für das Gespräch, sondern sorgt auch für Vergleichbarkeit zwischen den Bewerbern.

Professionell telefonieren und einen guten Eindruck hinterlassen

  1. Sorgen Sie für einen störungsfreien Arbeitsplatz.
    Lassen Sie Ihre Kollegen wissen, dass Sie während des Interviews nicht gestört werden möchten. Schließen Sie außerdem die Fenster Ihres Büros, so dass kein Lärm von Außen zu hören ist. Stellen Sie Ihr Handy auf lautlos. Ein störungsfreies Telefonat signalisiert Ihrem Gesprächspartner Wertschätzung.
  2. Versuchen Sie einen lockeren, freundlichen Gesprächseinstieg zu finden.
    Selbst eine kurze Bemerkung über das Wetter oder der Dank für die Teilnahme kann dem Bewerber die Nervosität nehmen und bricht das Eis direkt zu Anfang. Auch eine kurze persönliche Vorstellung und ein Hinweis über den weiteren Verlauf des Gesprächs (z.B. Werdegang, Rahmenbedingungen, Fragen des Bewerbers) kann hilfreich sein, da der Bewerber besser einschätzen kann, was auf ihn zukommt.
  3. Arbeiten Sie nicht nur Fragen ab, setzen Sie Fragetechniken ein.
    Machen Sie aus dem Interview keine Befragung, in dem Sie Fragen stur ablesen. Hören Sie vielmehr auf die Antworten und agieren Sie als aufmerksamer Interviewer: stellen Sie Nachfragen, wenn der Bewerber ausweicht; fordern Sie bei zu pauschalen oder ausufernden Aussagen Konkretisierungen oder Beispiele ein;  locken Sie mit offenen Zwischenfragen einen sehr ruhigen Bewerber aus der Reserve.
  4. Erfragen Sie nicht nur auf Hardfacts, erkunden Sie auch Soft Skills.
    Auch im Telefoninterview kann man Fragen nach der SVE-Methode stellen: Lassen Sie sich erlebte Situationen und die persönlichen Vorgehensweisen darin beschreiben und anschließend bewerten. So erhalten Sie Einblicke in Verhaltens- und Denkweisen. Oder konstruieren Sie einen kleinen Fall und lassen sich erläutern, wie sich der Bewerber verhalten würde. Oder gehen Sie in ein kurzes Rollenspiel (z.B. eine Kundensituation).
  5. Seien Sie darauf vorbereitet, dass der Bewerber Ihnen auch Fragen stellt.
    Stellen Sie sicher, dass Sie die Rahmenbedingungen zur jeweiligen Stelle kennen und grundlegende Informationen über Ihr Unternehmen beantworten können. Schauen Sie auch mal ins Internet, was dort über Ihr Unternehmen zu lesen ist (Presse, Arbeitgeberbewertungsplattformen etc.). Achten Sie aber im Gespräch auch darauf, dass die Fragen der Bewerber keine Überhand nehmen.
  6. Treffen Sie eine verbindliche Vereinbarung zum Abschluss des Gesprächs.
    Teilen Sie dem Bewerber mit, wann er mit einer Reaktion Ihrerseits rechnen kann. So können beide Seiten besser planen und Sie können bei interessanten Bewerbern schon einmal „vorfühlen“ , ob und wann diese in nächster Zeit für ein persönliches Gespräch verfügbar wären.

 Zu guter letzt: strukturierte statt pauschale Bewertung und Entscheidung

  1. Nutzen Sie ein Bewertungsraster.
    Legen Sie vorab fest, was Sie nach dem Interview bewerten möchten und anhand welcher Informationen aus dem Telefonat Sie diese Bewertung vornehmen möchten/können. Bewährt hat sich außerdem eine Bewertungsskala, um unterschiedliche Differenzierungsgrade abbilden zu können.
  2. Achten Sie auf Sympathie- und Überstrahlungseffekte.
    Was in einer Bewerbung das Foto, ist in einem Telefoninterview die Stimme. Je nach Lautstärke, Tonhöhe oder Modulation ist man wohlgesinnt oder genervt. Bewerten Sie die Aussagen des Bewerbers zunächst unabhängig von dieser Gefühlslage und lassen Sie sich nicht dazu verleiten, von der Stimme auf Verhaltensweisen oder Kompetenzen zu schließen.
  3. Verteilen Sie keine Vorschusslorbeeren.
    Auch wenn Sie erfahren haben, dass ein Bewerber bereits bestimmte Aufgaben erfolgreich gelöst oder Verantwortungen übernommen hat, heißt das noch nicht, dass er dies auch bei Ihnen mit Erfolg tut. Behalten Sie immer im Auge, unter welchen Rahmenbedingungen, in welchem Unternehmensumfeld und bei welcher Teamkonstellation er erfolgreich war und ob Sie ihm vergleichbare Gegebenheiten bieten.
  4. Kein Top-Kandidat dabei? – Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen.
    Auch wenn erfolglose Telefoninterivews sehr frustrierend sein können und die Stellenbesetzung drängt: halten Sie an dem festgelegten Anspruchsniveau fest. Besser Sie investieren weitere Zeit in Telefoninterviews als in Gespräche oder Auswahlverfahren mit B-Kandidaten. Das Risiko, dass diese Ihre internen Auftraggeber nicht überzeugen, ist hoch und letzlich fällt dies wieder auf Sie zurück.
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* Auch wenn wir zu Gunsten der Lesbarkeit auf die gleichzeitige Nutzung aller Genderformen verzichten, meinen wir immer alle Geschlechter.

Ruth Böck
Ruth Böck
Hallo, ich bin einer der Köpfe von upo - Bausteine für Rekrutierungserfolg. Als #RecruitingStarkMacher unterstützen wir Recruiter, mit einem echt starken Recruiting einen erlebbaren Unterschied zu machen. Und so mehr Rekrutierungserfolg zu erzielen. Außerdem bin ich Initiatorin und Mitmacherin dieses Fachportals Rekrutierungserfolg.de. Wenn dir meine Beiträge gefallen, dann trage dich hier gerne für unser upo Magazin mit Tipps & Hinweisen für #RecruitingStarkMacher ein.