Abi fertig? Personalfachleute werten zielgerichtete Auslandszeit im Lebenslauf als großes Plus

© obs/INITIATIVE auslandszeit

Bundesweit befinden sich jetzt über 420.000 Schülerinnen und Schüler in der Endphase ihrer Schullaufbahn, die zur Fachhochschul- und Hochschulreife führt. Direkt nach ihrem Schulabschluss möchten jedoch viele nicht sofort ein Studium oder eine Ausbildung beginnen. Sie wollen stattdessen in die weite Welt reisen, neue Erfahrungen sammeln, ihre Fremdsprachenkenntnisse erweitern und sich für ihren weiteren Lebensweg orientieren. So ist Work and Travel besonders bei Studienberechtigten gefragt. Das zeigt die Umfrage von www.auslandsjob.de, an der 2234 junge Leute im letzten Jahr teilnahmen. Über die Hälfte der Befragten gab an, zum Zeitpunkt ihrer geplanten Auslandszeit das Abitur (49,9 %) oder die Fachhochschulreife (6,8 %) zu besitzen.

"Gerade in der Lebensphase nach dem Schulabschluss haben junge Leute die besten Möglichkeiten für einen Auslandsaufenthalt. Sie sind meistens noch ungebunden und können Vorteile für die eigene Persönlichkeit, den Beruf oder das Studium erringen", sagt Jane Jordan von der INITIATIVE auslandszeit. Mit ihren verschiedenen Fachportalen informiert die Initiative über die vielfältigen Wege und hilft bei der Orientierung, damit junge Leute die Auslandszeit finden, die zu ihren persönlichen Fähigkeiten, Zielen und Wünschen passt.

Es gibt zahlreiche kürzere und längere Alternativen, eine wertvolle Auslandszeit zu erleben: Besonders beliebt sind nach dem Abitur zum Beispiel Gap-Year-Optionen wie Work and Travel, Sprachreisen, Freiwilligenarbeit, Auslandspraktika oder die Tätigkeit als Au-Pair. Manche Abiturienten wollen auch gerne ein Studium im Ausland beginnen. Für jede Auslandszeit gilt: Man verbessert seine Sprachkenntnisse und lernt, wie man sich in eine neue ungewohnte Umgebung und Kultur eingewöhnt. Zudem entwickeln junge Leute wertvolle Soft Skills, wie Flexibilität, Selbstbewusstsein, interkulturelle Kompetenz, Unabhängigkeit und Durchhaltevermögen. "Wir glauben, dass jede Art von Auslandszeit wertvoll ist", betont Jane Jordan. Doch wie sehen es Personalfachleute?

Personalfachleute werten eine Auslandszeit als Pluspunkt im Lebenslauf

Die INITIATIVE auslandszeit befragte Personalfachleute aus unterschiedlichen Bereichen. Sie alle versichern, dass in Zeiten der Globalisierung Auslandserfahrungen immer wichtiger werde. Oft würden Bewerber, die einen Auslandsaufenthalt vorweisen können, von international arbeitenden Unternehmen bevorzugt. Dabei spielten die im Ausland erworbenen Fremdsprachenkenntnisse, die Erweiterung der interkulturellen Kompetenzen und persönlichen Skills eine wichtige Rolle im Lebenslauf. "Leute, die später gar ins Top-Management wollen, können mit ihrer Auslandserfahrung sogar etwaige Defizite ein wenig ausgleichen", sagt Arne-Steffen Dehler, selbstständiger Fach- und Führungskräfteberater in Frankfurt am Main. Die befragten Personaler haben aber differenzierte Einschätzungen. Sie empfehlen, dass eine Auslandszeit zielgerichtet zur angestrebten Karriere geplant werden soll. Abiturienten und Schulabgänger sollten das unbedingt berücksichtigen. Reines Weltenbummeln ohne erkennbare persönliche Zielsetzung höre sich im Lebenslauf eher wie "Urlaub" an. Damit Work and Travel die Karriere beflügelt, dazu mehr auf www.auslandsjob.de/work-travel-im-lebenslauf.php.

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"Aus meiner Sicht sind Auslandsaufenthalte grundsätzlich positiv zu bewerten. Denn sie belegen, außerordentliche Initiative, eigenes Engagement, und sie erweitern den Horizont", bemerkt Ute Schneider-Rödder, Personalreferentin bei Le Buffet Restaurant & Café Gesellschaft mbH mit Sitz in der Karstadt-Hauptverwaltung in Essen. Sie ist für das Handelsgastronomie-Personal von bundesweit 70 Restaurants verantwortlich.

Personalfachleute bewerten in der Regel bei einem Bewerber den Bezug der Auslandszeit zum angestrebtem Beruf, auch die Dauer und Inhalte. "Die Erfahrungen eines Surflehrers in Australien oder ein freiwilliges Jahr für einen Hilfseinsatz im Ausland prägen die Persönlichkeit und den Umgang mit Menschen in außerordentlichem Maße", betont Ute Schneider-Rödder." Sie gibt aber zu, dass diese Fähigkeiten beispielsweise für den Maître de Cuisine als Küchenchef nicht die allerwichtigste Voraussetzung seien. "Dennoch nehmen wir eine Auslandszeit als einen bedeutenden Lebensabschnitt wahr, der im Bewerbungsgespräch umfangreichen Raum einnimmt und stellen Fragen, beispielsweise nach der Intention für die Reise, der Organisation, den grundlegenden Inhalten, den schönsten Erlebnissen und wichtigsten Erkenntnissen. Für unseren Betrieb stehen vorrangig die persönlichkeitsbildenden Aspekte im Vordergrund. Deshalb gibt es für den Bewerber mit Auslandsaufenthalt sicher einen dicken Pluspunkt." Auslandsaufenthalte seien wie funkelnde Sternchen im Lebenslauf, aber natürlich kein "Must-have" in der Gastronomie, sagt Schneider-Rödder.

"Ein Auslandsaufenthalt ist wertvoll, wenn er relevant ist", so fasst Arne-Steffen Dehler seine Ansicht zusammen. Bei einem Berufseinsteiger könne das ein Auslandspraktikum sein oder Work and Travel im englischsprachigen Ausland. Denn in dieser Zeit würden die Englischkenntnisse so gefestigt, dass man bei der Fremdsprache für das gesamte Berufsleben Meilensteine setze. Eine Auslandszeit wirke sich sofort positiv in der Bewerbung auf den ersten Job aus. "Es gibt kaum eine Branche, in der Auslandserfahrung unwichtig ist. Selbst in der Verwaltung, in Lehrberufen oder bei gemeinnützigen Aufgaben nützt sie immer. Weltoffenheit ist bei Personalern immer gefragt", bemerkt Dehler und verweist auf seine über 20-jährige Erfahrung in der Personalarbeit.

Auch Elvira Urmeew, Sachgebietsleiterin in der Abteilung "Personal aus Drittmitteln" an der Universität Bonn, hält Auslandsaufenthalte für ausgesprochen sinnvoll. Die Personalfachfrau empfiehlt, eine Auslandszeit im Lebenslauf immer mit Blick auf das Ziel darzustellen, fachliche Kompetenzen, Soft Skills oder Sprachkenntnisse auszubauen. "Wer beispielsweise Soziale Arbeit studieren oder später bei einer NGO arbeiten möchte, für den ist Freiwilligenarbeit im Ausland eine sehr gute Möglichkeit, sich in diesem Umfeld umzuschauen und gleichzeitig den Lebenslauf für die berufliche Laufbahn aufzuwerten", sagt die Bonnerin. Sie rät: "Sehr gut eignen sich Erasmus- und andere Austauschprogramme, Auslandspraktika mit fachlichem Bezug oder die Freiwilligenarbeit." Besonders positiv wirkten sich für den Lebenslauf Stipendien aus, wie z.B. vom DAAD und anderen Organisationen.

Welche Skills aus einer Auslandszeit werden von Personalern geschätzt?

Elvira Urmeew blickt gerne auf ihre eigenen Erlebnisse im Ausland zurück, die sie beruflich und privat geprägt haben. Schon in der Schulzeit absolvierte sie zwei Auslandsaufenthalte, drei Monate Schüleraustausch in Russland und zwei Monate im Sommer an der Harvard Summer School in Cambridge, USA. Ein fünfmonatiges Auslandssemester an der University of Queensland in Brisbane war Teil ihres dualen Bachelorstudiums. In Australien gefiel ihr besonders, durch das Studium einen strukturierten Tagesablauf zu haben, das dortige Hochschulsystem kennenzulernen und trotzdem das Land bereisen zu können. Während ihres Masterstudiums nahm sie an zwei Summer Schools in Indien und China teil, welche vorrangig den interkulturellen Austausch zum Ziel hatten. "So verschieden meine Auslandszeiten auch waren, sie haben grundlegend meine Persönlichkeit weiterentwickelt", sagt Elvira Urmeew. Ein weiteres Plus: Gerade für junge Leute im Übergang zum Studium, zur Ausbildung oder der ersten beruflichen Station wirke sich eine Auslandszeit positiv auf die Selbstständigkeit, die Toleranz und Problemlösungsfähigkeit aus. Einen solchen Aufenthalt größtenteils selbst zu organisieren, die Finanzierung zu planen und dann vor Ort verschiedenste Hindernisse zu überwinden, sei sehr förderlich für die persönliche Entwicklung und ermögliche den Aufbau von Soft Skills, die im Arbeitsleben unerlässlich sind. Dazu zählten beispielsweise Offenheit und selbstbewusstes Auftreten, Frustrationstoleranz und Kreativität. Diese Kompetenzen wüssten Arbeitgeber und Personaler zu schätzen.

"Mag sein, dass viele Skills auch ohne einen Auslandsaufenthalt erworben werden können. Aber Menschen mit Auslandserfahrung heben sich oft durch einen höheren Grad an Selbständigkeit, Entscheidungsstärke, Kreativität, Selbstbewusstsein und auch Integrations- und Netzwerkkompetenz hervor", ergänzt Ute Schneider-Rödder.

Arne Steffen Dehler sieht für die letzten zwei bis drei Jahre einen klaren Trend: "Die Softskills werden deutlich höher bewertet als beispielsweise Sprach- und andere Zertifikate. Wer sich im Ausland souverän bewegt, sich kulturell integriert und vielleicht sogar mit Ausländern zusammen erfolgreiche Projekte erarbeitet hat, beweist für den Personaler sehr gute Fähigkeiten.

Kurz oder lang ins Ausland? Gibt es eine ideale Zeit?

Generell gäbe es keine festen Regeln, wie lang eine Auslandszeit dauern sollte. Darüber sind sich die Personalfachleute einig "Die Kurz- oder Langfristigkeit eines Auslandsaufenthaltes spielt eine untergeordnete Rolle", bekräftigt Elvira Urmeew. Manchen fiele es aber nach einem ganzen Jahr im Ausland schwer, wieder in den Alltag in Deutschland zurückzufinden und in das Studium oder den Job einzusteigen.

Sinnvoll sei eine Auslandszeit wie Work- and-Travel am besten direkt nach einem Lebensabschnitt, beispielsweise nach dem Abitur, der Ausbildung oder dem Jobwechsel. Für Berufstätige einen "idealen" Zeitpunkt zu benennen, sei schwierig, meint Arne-Steffen. "Wer einen Auslandsaufenthalt wirksam planen will, muss ihn bei Zeiten als Teil eines echten Karriereplans ansehen", regt Dehler an. Aber in der Regel seien vor allem Schul- oder Studienabgänger wirklich frei zu gestalten. Später im Job sei es oft schwierig, sich den Freiraum zu schaffen. Auslandsaufenthalte würden dann immer im Zusammenhang mit der Position im Job, aber auch in Konkurrenz zu anderen Bewerbern oder Kollegen gesehen. "Dann sind Chefs vielleicht gar nicht so begeistert, ihre guten Leute ins Ausland zu empfehlen, da sie lieber selbst von ihren Mitarbeitern profitieren wollen", gibt Dehler zu bedenken.

Pressemitteilung