Stellen Sie sich mal vor – Alternativen zu öden Vorstellungsrunden bei Auswahlverfahren

Kennenlernspiele als Vorstellungsrunden
© upo

Jeder, der schon mal an einem Assessment Center, Bewerbertag oder ähnlichem in einem Unternehmen teilgenommen hat, kennt die Situation und vielen gruselt es geradezu davor: X Unternehmensvertreter und Y Bewerber geben reihum zum Besten, wer sie sind und was sie erwarten. Spätestens nach dem dritten Mal: “Also, mein Name ist und ich bin… ” schalten viele ab. Andere machen sich innerlich Gedanken, was sie wohl sagen können, um einen besonders guten Eindruck zu hinterlassen oder gehen nochmals die vorbereiteten Worte durch, rechnen hoch, wie lange sie noch warten müssen und sind froh, wenn die Runde endlich vorüber ist.

Nicht nur in Bewerbungssituationen ist das ein Problem und tötet den Anfangselan und die positive Erwartung ab. Auch Trainer kennen das Thema aus Seminaren und Workshops und haben dafür kreative Lösungen geschaffen: Kennenlernspiele.

Spielerisches Kennenlernen?

Stop, bevor sie jetzt sagen, das geht ja gar nicht in so ernsthaften Situationen wie Bewerbungsterminen oder das mag ja noch was für Ausbildungsplatzbewerber sein, aber doch nicht mehr für Fachkräfte: wir haben es ausprobiert und ein überwiegend positives Bewerberfeedback erhalten.

Die Kennenlernspiele waren über mehrere Jahre bei verschiedenen Auswahlverfahren im Einsatz und wurden für Funktionen im Bereich der Sachbearbeitung, Kundenbetreuung und des Vertriebs sowie auch zur Auswahl von Absolventen und Auszubildenden genutzt.

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Wir stellen Ihnen hier ein paar erprobte Ideen vor.

Steckbrief

Der Steckbrief kommt üblichen Vorstellungsrunden noch am nächsten. Der Moderator bereitet Moderationskarten vor, auf denen unterschiedliche Satzanfänge stehen, die zu ergänzen sind (Steckbriefe). Er fächert die Karten umgekehrt auf und lässt jeden Teilnehmer einen Steckbrief  ziehen.

Er selbst behält die letzte Karte und startet mit der Vorstellung seines Steckbriefes, in dem er die jeweiligen Satzanfänge beendet. So können die Teilnehmer sehen, wie es funktioniert und wie umfangreich die Antworten sein sollten. Die Reihenfolge der weiteren Vorstellung wird mit einem Ball, unterschiedlich langen Stäbchen oder Losnummern bestimmt.

So stellt jeder Teilnehmer seinen Steckbrief vor. Zur weiteren Auflockerung kann der Moderator noch Nachfragen an einzelne Teilnehmer stellen, um z.B. Aussagen zu konkretisieren oder Beispiele zu erfragen.

Mögliche Themen für Satzanfänge sind: Name, aktueller Aufgabenschwerpunkt, Hobbies, letzte Weiterbildung uvm. In aller Regel reichen 4 bis 5 Themen aus, um sich kurzweilig vorzustellen.

4-Ecken-Spiel und Soziometrie

Die vier Ecken eines Raumes werden sichtbar durchnummeriert. Der Moderator bittet alle Teilnehmer (Bewerber wie Beobachter) aufzustehen und sich im freien Raum hinzustellen. Das Spiel beginnt mit einer kleinen Soziometrie: z.B. sollen sich die Teilnehmer in alphabetischer Reihenfolge ihres Nachnamens in einer Reihe aufstellen. Bereits diese erste Abstimmung bringt Bewegung in die Runde und führt zu ersten Kontakten untereinander. Wenn alle stehen, tritt der Moderator heraus und stellt sich mit Name und z.B. seiner heutigen Rolle vor. Als Variation kann er noch eine Handbewegung machen, die mit seinem Namen oder seiner Person verbunden werden kann. Dann bittet er die übrigen Teilnehmer das gleiche zu tun.

Auf geht es zur nächsten Runde. Der Moderator formuliert eine weitere Fragen und gibt vier verschiedene Antwortalternativen zur Auswahl, die er jeweils einer Ecke im Raum zuordnet. Dann bittet er die Teilnehmer, sich entsprechend der am besten auf sie zutreffenden Antwort im Raum zu verteilen. Anschließend spricht er gezielt einzelne Personen in den jeweiligen Ecken an stellt ein oder zwei Nachfragen. Das Spiel wird ca. vier bis fünf Runden gespielt. Auch hier können unterschiedliche Themen aus dem beruflichen oder privaten Umfeld in die Fragen bzw. Antwortalternativen einfließen.

6-Felder Brett-Würfelspiel

Auf einem Flipchart oder Moderationspapier werden 6 gleich große Felder eingezeichnet und diese mit den Ziffern 1 bis 6 nummeriert. Das Blatt wird mitten auf einen großen Tisch gelegt, um den herum sich dann die Teilnehmer stellen. Der Moderator bereitet außerdem vorab Moderationskarten in 6 Farben vor. Jeder Stapel steht für ein bestimmtes Themenfeld (z.B. Berufliches oder Persönliches). Die jeweiligen Karten werden auf dem Kopf liegend auf die 6 Felder verteilt. Zusätzlich gibt es noch einen Stapel mit Namenskarten der Teilnehmer in der gleichen Anzahl wie Runden geplant sind (3 Spielrunden = 3 Karten mit dem Namen jedes Teilnehmers); dieser Stapel wird gut durchmischt.

Der Moderator startet das Spiel und würfelt eine Zahl. Aus dem Feld mit der dazugehörigen Nummer zieht er dann eine Karte deckt diese auf und zieht zusätzlich eine Namenskarte. Der Teilnehmer, dessen Name aufgedeckt wurde, beantwortet die aufgedeckte Frage. Dann würfelt der nächste Teilnehmer. So geht es dann weiter, bis alle Namenskarten aufgedeckt sind.

Aufwand-Nutzen-Abwägung

Zugegeben die Durchführung von Kennenlernspielen als Vorstellungsrunden ist zeitaufwändiger. Je nach Spiel und Teilnehmerzahl dauert die Vorstellungsrunde ca. 15 bis 30 Minuten. Und es muss auch Zeit in die (einmalige) Vorbereitung gesteckt werden.

Allerdings zeigen die Rückmeldungen der Teilnehmer – Unternehmensvertreter wie Bewerber, dass

  • die verwendete Zeit der Kennenlernrunde deutlich kürzer wahrgenommen wird, weil sie einfach kurzweiliger und dynamischer ist.
  • die Teilnehmer sich lockerer fühlen und die erste Anspannung abfällt.
  • sie anschließend offener für weiterer Informationen zum Auswahlverfahren sind.
  • die Bewerber ein paar interessante Aufhänger für informelle Gespräche untereinander gesammelt haben, insbesondere auch weil die Vorstellungen durch die Themenvorgaben deutlich strukturierter, aber auch vielseitiger und damit interessanter verlaufen sind.
  • die Unternehmensvertreter “persönlicher” wahrgenommen werden.

Übrigens: Anregungen für weitere Kennenlernspiele gibt es in entsprechender Literatur wie bei kreativen Trainern. Probieren Sie es ruhig mal aus und bieten Sie Ihren Kandidaten eine andere interessante Variation des gegenseitigen Kennenlernen.

Der Beitrag ist Teil der Blog-Serie “Candidate Experience – konkret”.

Hier finden Sie verschiedene Artikel zu bewerberorientiertem professionellen Recruiting entlang des gesamten Recruiting Prozesses. Mehr über die Artikel-Serie lesen Sie in unserem Editorial – hier gibt es auch eine verlinkte Übersicht über alle Blog-Beiträge der Serie.

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Bildquelle: © upo

* Auch wenn wir zu Gunsten der Lesbarkeit auf die gleichzeitige Nutzung aller Genderformen verzichten, meinen wir immer alle Geschlechter.

Ruth Böck
Ruth Böck
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